Dienstag, 31. Mai 2011

(Kachel-)Männer sind Schweine...

So ein Vergewaltigungsprozess bringt jede Menge Ekliges ans Tageslicht. Und damit meine ich gar nicht mal die Details über sexuelle Praktiken und Vorlieben der Beteiligten oder die zu recht beklagte schamlose Sensationsgier diverser Medien. Ich meine vielmehr die beängstigenden Auswüchse, die ein Artikel der taz gut zusammenfasst:
"Können sich Opfer von Gewalt auf die Justiz verlassen?"
fragt die Autorin. Und sie fragt dies anlässlich eines Freispruchs, der aufgrund von "begründeten Zweifeln an der Schuld" des Angeklagten erfolgte. Man könnte diese Frage einfach nur als ungeschickt auffassen, wenn der restliche Artikel nicht noch viel tiefer in diese Kerbe schlagen würde.
Zunächst muß ich aber, wie es das gesellschaftliche Protokoll bei Äußerungen zu Vergewaltigungen oder Kindesmißbrauch verlangt, meine rituelle Distanzierung vollziehen, bevor ich zum eigentlichen Punkt kommen kann: Natürlich ist eine Vergewaltigung, in einer Beziehung wie auch im dunklen Park, ein schwerwiegendes und verdammenswertes Verbrechen. Und ohne Frage ist es ein großes und ernstes Problem, bei einem solch intimen Verbrechen die Schuldfrage zu klären, wenn Scham und eine schwierige Beweislage zusammenkommen. Und doch gibt es zurecht einige wichtige Grundsätze. Der Ankläger hat die Schuld des Angeklagten zu beweisen, nicht der Angeklagte seine Unschuld. Es ist besser, einen Täter davon kommen zu lassen, als einen Unschuldigen zu bestrafen. Diese Grundsätze gelten für Ladendiebstahl genauso wie für Vergewaltigung oder Völkermord. Die Schwere eines Verbrechens kann nicht den Maßstab für die Beweisführung festlegen. Und gerade das will die Autorin der taz nun tun:
"Das Opfer müsse beweisen, dass etwas passiert sei, obwohl es doch eigentlich umgekehrt sein müsste: Der Täter müsse beweisen, dass nichts passiert sei."
Wie in der Praxis nun ein Mann beweisen soll, daß der Geschlechtsakt einvernehmlich vollzogen wurde, das bleibt wohl eine Detailfrage der Praxis. Ich jedenfalls ficke nur noch unter notarieller Aufsicht. Meine Sorgen sind aber vermutlich unbegründet. Denn die Autorin weiß um die grundsätzliche Vertrauenwürdigkeit der Frauen:
"Nur drei Prozent der Anzeigen bei der Polizei sind Falschbeschuldigungen, sagt die Polizeistatistik."
Nun, bei den rund 8000 angezeigten Vergewaltigungen pro Jahr in Deutschland macht das immerhin noch 240 Falschanschuldigungen! Und interessant ist, daß die Autorin weiß, daß nur fünf Prozent der Vergewaltigungen zur Anzeige kommen, bei Falschbeschuldigungen die Dunkelziffer aber offenbar nicht diskussionswürdig ist. Aber auch bei den drei Prozent offizieller Falschbeschuldigungen handelt es sich eigentlich nur um eine Mischung aus zartem Hilferuf gequälter Seelen und jugendlicher Dummheit:
"Darunter viele von Jugendlichen, wie Antje Prinz von Ahgata weiß. "Wenn junge Mädchen eine Vergewaltigung anzeigen, aber gelogen haben, ist das meist ein Hilferuf, der auf ganz andere Probleme aufmerksam machen soll", sagt die Beraterin. "Oftmals wissen die jungen Mädchen gar nicht, welche Auswirkung ihre Anzeige haben kann."
Ja, da steht Mann doch gerne vor einer zerstörten Existenz oder geht gleich in den Bau, wenn dem jungen Ding halt nicht so ganz klar war, was es angerichtet hat!
Es ist zutiefst erschreckend, wie leichtfertig gutmeinende Frauen bereit sind, Grundpfeiler des Rechts niederzureißen, die Beweislast umzukehren, und Existenzen vernichtende Falschaussagen zu verharmlosen, ohne sich auch nur im Mindesten mit den Rechten eines unbescholtenen Mannes zu beschäftigen. Mal ganz abgesehen von der völligen Blindheit gegenüber der Möglichkeit, daß eine erwachsene Frau ganz bewußt eine falsche Anschuldigung erheben könnte. Es ist zutiefst erschreckend, wie sehr das ideologische Schema Mann - böser Täter, Frau - gutes Opfer noch immer vernünftiges Denken außer Kraft setzen kann. Möge ich solchen Mitmenschen niemals in die Hände fallen!

Sonntag, 29. Mai 2011

Professoraler Unterdruck

Im China vergangener Tage pflegte man noch den guten, alten Brauch des Kotau: Der sozial Niedrigstehende wirft sich vor dem Hochstehenden auf die Knie, berührt mit der Stirn den Boden, und wartet dann in demütiger Haltung, ob es dem anderen gefällt, sich kurz mit ihm abzugeben. Nachdem die elenden Kommunisten damit Schluß gemacht haben, wird diese schöne, die sozialen Strukturen klärende Umgangsform heutzutage leider nur noch gegenüber deutschen Professoren gepflegt. Dort dafür aber umso intensiver. Dumm ist es nur, wenn man mit der korrekten Ausführung dieses Rituals nicht so recht vertraut ist - oder vertraut sein will. Nehmen wir etwa mal folgende Beispielsituation an, rein hypothetisch, versteht sich. Nehmen wir an, man müsse einen kurzen Text, wenige Seiten lang, an eine Reihe von Professoren in ganz Europa verschicken, mit der Bitte um Rückmeldungen und Kommentare. Der Preis für die schnellste Antwort ginge vielleicht in die Niederlande, mit einer umfangreichen Liste sinnvoller Kommentare in gerade mal fünf Stunden. Der europaweite Durchschnitt für die Zeit bis zur Antwort läge vielleicht bei 3,3 Tagen. Wenn man dann nach gut einem Monat beim einzigen deutschen Professor in der Empfängerliste nachfragt, warum man von ihm noch keine Kommentare bekommen hätte, ja, dann erlebt man Interessantes: Ob man denn auch nur eine vage Vorstellung habe, wieviel er zu tun habe? Und wie unwichtig das eigene Anliegen doch sei? Natürlich würde er diese Angelegenheit trotz ihrer erschütternden Unwichtigkeit einer Antwort würdigen, aber erst, wenn er dazu die Zeit fände. Also irgendwann einmal. Und so lange müsse man sich halt schon gedulden. Kurzum, man bekommt eine Antwort, wie man sie vielleicht von einem nicht allzu gütigen Gott erwarten würde, wenn man ihn in seiner das ganze Universum zusammenhaltenden Allmacht mit solch lächerlichen persönlichen Problemen behelligt, wie etwa die Heilung seiner Leukämie.
Wer jetzt auf explosive Extremsituationen steht, der würde wiederum eine Antwort-E-Mail schreiben, in der er höflich formuliert, was er wirklich denkt. Nämlich, daß es ihm vollkommen egal ist, wieviel dieser zu tun hätte, und das es nicht nur um ihn allein ginge und überhaupt, daß er innerhalb einer Woche seine Rückmeldung zum Text schicken solle, oder er eben mit dem Leben müsse, was dort stehe. Für die Sekunden, die diese E-Mail bis in den Posteingang des Empfängers benötigt, herrscht dieselbe Ruhe wie in den Nanosekunden, die der elektrische Impuls des Zünders bis in die Primärladung einer Atombombe braucht. Doch diese Provokation ließe sich höchstens noch durch das Aufführen eines Schwulenpornos auf der Weihnachtsfeier des Katholischen Frauen- und Müttervereins toppen. Und so bricht kurz darauf unweigerlich die Hölle los! Wie unvorstellbar unverschämt, ihm eine Frist zu setzen! Wo man doch selber kein Professor, sondern ein Garnichts ist, allenfalls ausgestattet mit einem mittelmäßigen Examen, oder, wenn's ganz Hoch kommt, mit einem Doktortitel, und das auch nur Dank der Gnade, die einem ein Professor erwiesen hätte! So müsse man ihm nie wieder begegnen!
Man hat dem Kaiser von China ins Gesicht gespuckt, und in der Reaktion spiegelt sich die pure Ohnmacht wider angesichts der Tatsache, daß Vierteilen keine realistische Option ist.

Nun kann ein anspruchsvolles Qualitätsblog wie dieses sich nicht mit der Beschreibung eines Phänomens begnügen, nein, es schuldet seinen Lesern auch eine Analyse der Ursachen und Hintergründe. Und die wird mit der folgenden "Luftballon-Theorie" geliefert - oder, um mich auch für Professoren verständlich auszudrücken, der "Pneumopolymerkavitätsheorie". Die zentrale Annahme dieser Theorie ist, daß das menschliche Ego zum unbegrenzten Expandieren neigt, und das auf Kosten der Substanzdichte. Um ein obszönes Aufblähen eines Egos zu vermeiden, ist ein gewisser äußerer Gegendruck nötig. Und den bekommt der Mensch seinen Lebensweg hindurch, vom Kindergarten bis zur Habilitation, aus der Umwelt geliefert. Jeder Mensch bekommt im Zweifelsfall von übergeordneten Mitmenschen zu hören, daß das, was er gerade getan hat, vielleicht nicht so toll war. Diese Kritik von außen ist, in richtiger Dosierung, versteht sich, unbedingt notwendig, um ein stabiles und gesundes Verhältnis von Größe und Substanz des Egos sicherzustellen. Nur für den deutschen Professor fällt, kaum daß ihn der Ruf ereilt hat, jede nennenswerte Kritik von außen weg. Seine Anstellung, seine Rente, sein Lehrauftrag, all das ist unerschütterlich sicher, vollkommen egal, was er tut oder nicht tut. In seiner Rolle als Rechthabender wird er komplett kritikresistent. Und so ergeht es seinem Ego wie einem Luftballon, den man plötzlich in einen Raum starken Unterdrucks bringt: Es beginnt, sich zwangsläufig zu ungeheuren Größen aufzublähen, und dabei immer dünner und überspannter zu werden. Ein Endzustand, in dem sich der Betreffende für mindestens gottgleich hält, ist dabei kaum zu vermeiden. Allein das kleine bisschen Restdruck, daß die Sorge um die Einschätzung durch Fachkollegen mit eigener Professur erzeugt, hindert das Ego an der kompletten Verpuffung in unendliche Sphären. Nur bei einigen Wenigen, ihre Namen mögen an dieser Stelle gnädigerweise unerwähnt bleiben, reicht dieser Restdruck aus der Sorge um den Ruf nicht zur Stabilisierung des Egos aus. Diese Professoren findet man dann, z.B. Skalarwellengeräte vertreibend, bei EsoWatch wieder.
Aus dieser Erklärung wird deutlich: Der deutsche Professor ist ein Opfer der Umstände, unter denen zu Leben ihn das System zwingt - Umstände, die einen Schaden an der Persönlichkeit nicht nur in Kauf nehmen, sondern notwendig mit sich bringen. Letztlich verlangen der Professor und seine Lebensumstände unser Mitgefühl und unsere Geduld. Doch wie bei anderen psychisch Erkrankten und Persönlichkeitsgestörten auch dürfen wir uns von seiner selbstsicher vorgetragenen Uneinsichtigkeit in seinen belastenden Zustand nicht täuschen lassen; ist die Selbstsicherheit und Uneinsichtigkeit doch Teil des Problems. Und wie immer wir den Betroffenen helfen wollen, die Stabilisierung ihres Egos auf angemessenem Niveau wird für die Professoren wie für die Angehörigen in ihren Arbeitsgruppen ein langwieriger und schmerzhafter Prozess werden.
Das hier beschriebene Luftballonmodell kann wunderbar den Normalfall deutscher Professorenschaft beschreiben, wie auch einige ihrer seltenen pathologischen Auswüchse. Der Ehrlichkeit halber muß aber eingestanden sein, daß es keine Erklärung für den seltenen, aber durchaus existierenden Sonderfall derjenigen Professoren bietet, die trotz ihres krankmachenden und unmenschlichen Arbeitsumfeldes in der Lage sind, ein gesundes Verhältnis zwischen sich selbst und der Realität aufrechtzuerhalten. Ich bin sicher, ein Studium dieser Persönlichkeiten wäre sehr interessant, sind es doch meist die seltenen Ausnahmen, von denen man mehr über ein Phänomen zu lernen vermag, als aus den zahlreichen Regelfällen...

Dienstag, 24. Mai 2011

Freiwilligkeit ist reine Motivationssache

Da lese ich heute bei Spiegel Online "Bergmann fordert freiwillige Entschädigungen", und im ersten Moment war ich doch ein bisschen irritiert. Fordern? Freiwillig? Irgendwie passten diese beiden Worte in meinem Verstand nicht so recht hintereinander. Aber dann habe ich mal schnell gegoogelt, und bin sofort fündig geworden:
"CDU/CSU fordert freiwillige Selbstverpflichtung in Sachen deutscher Musik"



Offenbar wird heute nicht mehr nur gefordert, nein, der Trend geht eindeutig dahin zu fordern, daß die Forderung freiwillig erfüllt wird! Und fast hätte ich mal wieder einen Trend nicht mitbekommen! Jetzt wollte ich aber gleich mitmachen, und habe auf dem Heimweg in der Pizzeria an der Ecke die freiwillige Herausgabe von zwei Pizza Salami gefordert. Am Anfang verlief unser Gespräch dann doch eher schleppend. Aber kaum das ich vierzehn Euro auf die Theke gelegt habe, und schon war der Inhaber zur freiwilligen Erfüllung meiner Forderung bereit. Und er hat sogar noch freiwillig zwei Papierservietten dazugelegt! Da war mir klar: das mit dem freiwilligen Fordern funktioniert ganz super, wenn man es nur richtig angeht!
Berauscht von meinem Erfolg habe ich dann von meiner Liebsten gefordert, zu meinen Gunsten freiwillig auf ihren Nachtisch zu verzichten. Der Einfachheit halber habe ich den Pudding dann einfach schnell aufgegessen, während sie die leeren Pizzakartons in den Müll brachte. Zugegeben, bei ihrer Rückkehr war sie über ihren freiwilligen Verzicht gar nicht erfreut. Wie gut, daß ich ihr mit meinem beherzten Handeln ihren freiwilligen Entschluß bereits leichter gemacht hatte! Ich bin sicher, im Laufe der nächsten Tage wird sie das auch noch so sehen, und wieder mit mir reden. Zu dieser Gelegenheit hätte ich dann gerne ein kleines Geschenk für sie. Ich glaube, ich gehe morgen mal zum Juwelier und fordere vom Inhaber die freiwillige Herausgabe seiner Schmuckstücke. Die Karnevalspistole habe ich schon mal aus dem Keller hervorgekramt. Eigentlich erwarte ich keine Probleme. Es sei denn, die Forderung nach Freiwilligkeit ist auch schon der Justiz bekannt. In diesem Fall könnte der Richter einen freiwilligen Gefängnisaufenthalt von mir fordern. Sollte es also auf diesem Blog für die nächsten Jahre etwas ruhiger werden...

Freitag, 20. Mai 2011

Der Morgen lebt nie (Teil 2)

Die Bedeutung der menschliche Sprache ist kaum zu überschätzen: Erst der Erwerb der Sprache ermöglichte es der Menschheit, kollektive Kulturleistungen zu erbringen, die Welt zu erobern, und Talkshows zu produzieren. Und doch liegt der Ursprung der Sprache selbst verborgen in der fernen und dunklen Vergangenheit unserer Spezies. Zeitweilig hielt man das Rätsel um ihre Entstehung gar für unbeantwortbar! Doch im zwanzigsten Jahrhundert ermöglichte der allgemeine wissenschaftliche Fortschritt, das Problem neu anzugehen. Man studierte die anatomischen Voraussetzungen zur Artikulation von Lauten und ihre evolutionäre Entwicklung. Man konnte an immer mehr Schädeln früher Menschenarten nicht nur das Hirnvolumen unserer Vorfahren, sondern sogar die Windungen der Gehirne rekonstruieren, die einst in den Schädeln zuhause waren. Es gelang, große Kulturleistungen wie etwa die Besiedelung der pazifischen Inselwelt, deren Gelingen eine sprachliche Kommunikation der Menschen untereinander voraussetzte, immer genauer zu datieren. Und so nähert sich die Wissenschaft in Disziplinen übergreifender Zusammenarbeit langsam aber stetig der geheimnisvollen Wurzel der menschlichsten aller Fähigkeiten an. Nur eine Informationsquelle, die nutzt die moderne Forschung unverständlicherweise bis heute einfach nicht: das morgendliche Aufwachen.
Denn Menschen wie ich vollziehen das Mysterium der Sprachentstehung jeden Morgen aufs Neue, gewissermaßen im Zeitraffer und stellvertretend für die ganze Menschheit. Und somit könnte mein mühsames und qualvolles Erwachen am frühen Vormittag zumindest der Wissenschaft in einer ihrer grundlegenden Fragen weiterhelfen!
Es beginnt schon mit dem ersten Öhhh... des Tages, unmittelbar (d.h. ca. 15 min) nach dem Aufwachen. Diese quasi noch vorsprachliche Äußerung transportiert noch keinerlei Information, ist an niemanden gerichtet, sie bringt allein einen inneren, seelischen Zustand zum Ausdruck (Dies allerdings mit erstaunlicher Präzision!). Doch kaum eine halbe Stunde später, wenn ich mich bis ins Bad geschleppt habe, und ich die Frage "Soll ich dir schon mal einen Kaffee aufsetzen?" gestellt bekomme, reagiere ich mit einem Öhhh-Hmmmmm..., das die Fragende als "Ja" zu verstehen gelernt hat. Hier werden nicht nur bereits einfache Laute zu komplexeren Mustern kombiniert, nein, hier dient die Lautäußerung bereits zu mehr als nur der Repräsentation des inneren Zustandes eines Individuums! Zum ersten Mal wird die Produktion einer Lautfolge zur Kommunikation mit einem anderen Mitglied der Horde verwendet. Zudem wird mit der Zustimmung zugleich einem abstrakten Konzept sprachlich Ausdruck verliehen. Der nächste große Schritt in der Genese der menschlichen Sprache wird bereits unmittelbar nach dem Duschen möglich, wenn die Frage lautet, was ich denn zum Frühstück möchte: Mmmmmmüsli... Dies ist der Moment, in dem zum ersten Mal ein referenzieller Akt vollzogen wird! Von nun an kann eine Lautsequenz als abstrakte Referenz für einen Gegenstand wie etwa Müsli stehen! Und man sollte die Tragweite dieses Evolutionsschrittes nicht unterschätzen, denn immerhin geht es in dieser Situation nicht nur um das konkrete Müsli in der Schüssel, sondern um Müsli als universalem Terminus! Bereits hier hat sich der Verstand in den platonischen Himmel erhoben! Der letzte und abschließende Schritt in der Entwicklung der menschlichen Sprache folgt dann gleich nach dem Frühstück. Auf die Frage, ob ich denn noch etwas möchte, folgt als Antwort MmmmußLosZurArbeit..., und damit ein ganzer Satz, ein erster vollständiger illokutionärer Sprechakt!
So vollzieht sich in meiner Wohnung das Wunder der Glottogonie jeden Morgen aufs Neue, und sie würde eine interessante Modellsituation für die linguistische Forschung abgeben. Und wenn ich dann auf dem Weg zur Arbeit aus dem Treppenhaus auf den Bürgersteig hinaustrete, und die ältere Dame von eine Etage tiefer bereits am Morgen ihren Pudel Gassi geführt hat, dann gibt es als Zugabe für den Linguisten sogar noch die Entstehung des pejorativen Expressivs "Scheiße!" zu beobachten!

Dienstag, 17. Mai 2011

Der Morgen lebt nie (Teil 1)

Aufstehen ist für manche Menschen, Menschen wie mich, nicht leicht. Auf das erste Öffnen der Augen folgt zunächst einmal gut zwanzig Minuten des Starrens an die Decke, wobei der vorherrschende Gedanke schlicht Öhhhhh... beinhaltet. Währenddessen laufen im Hintergrund des Hirns die grundlegenden Prozesse ab, die Fragen klären wie wo ist oben, wo ist unten, wer bin ich, wo bin ich. Irgendwann hat sich das Hirn hochgearbeitet bis zu Es ist ein neuer Tag und Du mußt zur Arbeit. An diesem Punkt schaltet dann auch der dominante Gedanke meist um zu Ohnöhhh...
Bei anderen Menschen ist das ganz anders. Die Dame, die neben mir aufzuwachen pflegt, sitzt beispielsweise spätestens zehn Sekunden nach dem Aufschlagen der Augen aufrecht im Bett und bietet einen leidenschaftlichen Ausblick auf die Aufgaben des Tages, ein Best-of des letzten Tages, und eine Diskussion der Probleme, die das Streichen von Weichkäse auf zu heißen Toast beim Frühstück mit sich bringt. Diese Dame erklärt den Unterschied zwischen ihr und mir damit, daß sie halt sowas wie ein iMac sei, der nach dem Anschalten sofort mit elegantem Display für die Herausforderungen des Tages bereit ist, während mein Gehirn halt eher auf Windows Vista oder so setzen würde, und es dann mit dem Hochfahren natürlich nicht so leicht sei. Ganz klar, das ist Unsinn, und ich versuche immer wieder ihr klarzumachen, daß mein Hirn eher so eine Art Supercomputer ist, bei dem es schon mal ohne weiteres ein, zwei Stunden braucht, bis er mit seinen tausenden von Prozessoren vollständig hochgefahren ist. Ich habe sie auch schon fast überzeugt! Nur auf die Nachfrage, weshalb denn auf dem Supercomputer in meinem Kopf, wenn er mal hochgefahren ist, den ganzen Tag nichts außer einem Bildschirmschoner läuft, darauf habe ich noch keine sie überzeugende Antwort gefunden...

Mittwoch, 11. Mai 2011

Ab jetzt macht tot sein richtig Spaß!

Da saß ich eben vor dem Fernseher, und gelangweilt vom gefühlt dreißigsten Werbespot für Anti-Aging-Creme fiel mein umherschweifender Blick auf ein kleines versteinertes Fischchen im Regal. Und plötzlich hatte ich sie, die erste und fantastischste Geschäftsidee meines Leben! Meine Fahrkarte in ein besseres Leben, in ein Paradies voller Sportwagen, Drinks und exzessiver Orgien! Denn nichts verkauft sich in dieser Welt besser als Produkte gegen die Vergänglichkeit, soviel ist mir klar geworden (abgesehen höchstens von Produkten für die Vergänglichkeit: Sturmgewehre, Anti-Personen-Minen,...). Und was ist das ultimative Produkt gegen die Vergänglichkeit? Versteinern! Versteinern sie nach ihrem Tode, und selbst in 100 Millionen Jahren, wenn alle Antifaltencreme und selbst Lenin im Mausoleum längst atomisiert sind, werden sie als gut erhaltenes Fossil im Museum von Schulklassen insektenäugiger Kinder gebannt bestaunt werden. Ein schauriges Relikt jener längst ausgestorbenen Säugetiere, die dereinst die Erde beherrschten! Mehr Ewigkeit kann nun wirklich niemand verlangen! Und genau diese Ewigkeit werde ich bieten - in Form einer Bestattung mit nach letztem Stand der Wissenschaft besten Bedingungen zur Fossilisation!
Alles was es braucht, ist der richtige Ort, vielleicht irgendwo auf dem Kontinentalschelf, vor der Mündung eines großen Flusses, ohne absehbare Kollision mit anderen Kontinenten. Dort wird die Leiche schnell von Schlamm bedeckt und hat optimale Erhaltungschancen. Und das alles gibt's ohne Risiko für den Kunden: "Zahlen sie jetzt, sterben sie später!" - Wer will einem solch lieblichen Ruf der Ewigkeit widerstehen?
Sie finden diese Geschäftsidee blöde? Denken sie nochmal drüber nach - einer Kundschaft, der man Sterntaufen, Globuli und Tieffrieren ihrer Leichen andrehen kann wird ihnen eine wissenschaftlich fundierte Bestattungsvorsorge "Modell Fossil" aus den Händen reißen! Einen geeigneten Ort und einen schönen Beglaubigungswisch eines geologischen Instituts werde ich schon auftreiben. Alles, was ich an dieser Stelle noch zu finden hoffe, ist ein investitionsfreudiger Geschäftspartner mit Erfahrungen im Bestattungsgewerbe. Die Startinvestitionen werden überschaubar bleiben (eine großangelegte Werbekampagne, etwas juristische Recherche und vielleicht ein paar Leichenüberführungen ins Orinocodelta oder so), die Gewinne als Branchenführer überwältigend! Schicken sie mir eine e-mail, vieleicht finden wir gemeinsam zum Geschäft unseres Lebens!

Montag, 9. Mai 2011

Wissenschaftsjournalismus für Dummies

Sie haben Physik und Chemie auf der Schule schon nie verstanden? Mathematik mit all den widerlichen Zahlen und Ixen haben sie schon immer gehasst? Dann ist der Wissenschaftsjournalismus ihre Chance auf Rache! Denn hier können sie trotz all ihrer Defizite in den elementarsten Aspekten der Wissenschaften ihren ehemaligen Lehrern zeigen, daß sie es nun sind, der den Menschen die Forschung erklärt! Sicher, sie werden es mit einer komplexen und trockenen Materie zu tun bekommen. Aber wenn sie die folgenden sechs grundlegenden Regeln beherzigen, dann werden sie keinerlei Probleme haben, unzählige Artikel in respektablen Medien unterzubringen! Nehmen sie sich als Redaktionspraktikant also fünf Minuten, diese Regeln, illustriert mit eindrucksvollen Beispielen der letzten Monate, zu verinnerlichen, und ihrem Erfolg steht niemand mehr im Wege!

Regel 1: Wichtiges kommt aus den USA!
Es ist ja schon fast eine Binsenweisheit, aber wichtige wissenschaftliche Ergebnisse kommen wirklich immer(!) von den berühmten amerikanischen Forschern. Sollte also versehentlich mal eine Presseerklärung aus Europa den Weg auf ihren Tisch finden, so können sie sie getrost ungelesen wegwerfen. Denn wäre ein Forschungsergebnis aus Europa relevant, dann wäre es aus den USA.

Beispiel (Frankfurter Rundschau, 14. Oktober 2010): Im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter sind im Februar 2009 zwei Asteroiden zusammengestoßen. Das konnten Astronomen anhand einer Staubwolke rekonstruieren, die sowohl von der Erde, als auch, aus einer anderen Perspektive, von der europäischen Raumsonde Rosetta irgendwo im Sonnensystem, beobachtet wurde. Der entscheidende Beitrag wurde dabei von Rosetta geliefert. Und es gab zwei Presseerklärungen zu dieser Entdeckung, eine zum amerikanischen Beitrag von der NASA, und eine zum europäischen Beitrag vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Und hier hat die Frankfurter Rundschau ganz klar gezeigt, wie man Prioritäten setzt - und den zentralen europäischen (und nicht zuletzt deutschen) Beitrag zur Forschung komplett ignoriert. Vorbildlich!


Regel 2: Machen sie es nicht kompliziert!
Da sie ihre Artikel ja nun aus amerikanischen Presseerklärungen oder Zeitungsartikeln zusammenschreiben müssen, werden sie es leider mit der englischen Sprache zu tun bekommen. Doch keine Sorge, wenn sie in der Schule in Englisch auch nicht besser waren als in Physik! Halten sie die Dinge einfach! Übersetzen sie "carbon" einfach mit "Karbon" (statt "Kohlenstoff"), "silicon" mit "Silikon" (statt "Silizium") oder, der absolute Klassiker, "billion" mit "Billion" (statt "Milliarde"). Ist doch ganz einfach! Sollte sie beim nochmaligen Lesen eventuell der Eindruck beschleichen, ihr Text würde keinen Sinn mehr ergeben - nur nicht verunsichern lassen!

Beispiel (Der Spiegel, 16. Juli 2010): Für den armen Spiegel-Autor kam es richtig dicke. Da mußte er über Untersuchungen der Atmosphäre eines Planeten mit der widerlichen Bezeichung HD 209458b schreiben, und die Quelle war auch noch englischsprachig! Aber er blieb cool - und brachte die souveräne Übersetzung von "carbon":
"Bei ihren Untersuchungen stellten die Wissenschaftler fest, dass die Atmosphäre von HD 209458b die schweren Elemente Karbon und Silizium enthält."
Gut, "Karbon" ist eine Episode in der Erdgeschichte. Wie die in die Atmosphäre eines anderen Planeten kommt...? Aber Forschung ist halt kompliziert, wer versteht das alles letztlich schon? Aber es wird schon seine Richtigkeit haben!


Regel 3: Machen sie es nicht kompliziert!
Leider benutzen diese Eierköpfe aller Fachrichtungen immer wieder so furchtbar komplizierte Namen für ihre Forschungsgegenstände. Das "Higgs-Boson" läßt sich im Artikel noch leicht als "Gottesteilchen" verkaufen. Das ist nicht nur einfacher, sondern klingt auch viel verkaufsträchtiger. Aber was, wenn es z.B. um einen Stern mit der Bezeichung "IM Pegasi" geht? Bei solch unleserlichen Worten, die womöglich noch zeilenraubende und spannungslose Erklärungen verlangen, gilt: Halten sie es einfach! Finden sie einfach ein naheliegendes Wort, das einfach und unkompliziert ist. Zusammenhänge mit dem eigentlichen Gegenstand des Artikels wären schön, sind aber nicht zwangsläufig notwendig.

Beispiel (Focus, 6. Mai 2011): Der Focus macht es immer wieder richtig. Als einer seiner Autoren über den Stern "IM Pegasi" stolperte, verschonte er seine Leser selbstverständlich mit diesem Namensungetüm, oder gar mit der Erklärung der umständlichen Namensgebung von veränderlichen Sternen. Er machte einfach "Pegasus" daraus. Das es keinen Stern namens "Pegasus" gibt - geschenkt! Denn - wer von den Focus-Lesern will's faktenmäßig denn wirklich schon so genau wissen?


Regel 4: Assoziieren sie!
Ihr Artikel klingt noch nicht fetzig genug? Es fehlt noch die Würze? Kein Problem, assoziieren sie frei! Sie schreiben über ein astronomisches Thema, und das Thema will einfach nicht prickeln? Was fällt ihnen spontan zum Weltraum ein? Schwarze Löcher? Galaxien? Dann nichts wie rein mit diesen Begriffen in den Artikel! Irgendein Zusammenhang mit dem eigentlichen Gegenstand des Textes wäre schön, ist aber nicht zwingend notwendig.

Beispiel (Spiegel, 16. Juli 2010): Auch hier zeigt der Online-Spiegel, wie man's macht! Da berichtet man über extrasolare Planeten, also Planeten, die um andere Sterne kreisen. Aber der Autor schafft es dennoch ganz zwanglos, direkt von dort zur Bedrohung der Erde durch Asteroiden überzugehen! Was Asteroiden mit extrasolaren Planeten zu tun haben? Na, beide sind irgendwo am Himmel! So macht es der Profi. Und mit einem bisschen Übung werden auch sie diese Kniffe schnell beherrschen!


Regel 5: Meiden sie Wikipedia!
Im seriösen Journalismus ist ohnehin klar, Wikipedia ist keine akzeptable Quelle. Aber im Wissenschaftsjournalismus ist die Bedrohung durch die Wikipedia noch um ein Vielfaches größer! Denn einen Artikel über einen Test der Allgemeinen Relativitätstheorie oder die Anzahl der Familien von Weichtieren in den Ozeanen schreibt sich am besten ohne irgendwelches Hintergrundwissen. Seien sie sicher, das Lesen des entsprechenden Wikipediaeintrags würde ihnen nur das spannende Konzept für ihren Artikel zunichte machen!

Beispiel (Frankfurter Rundschau, 5. August 2010): Die Frankfurter Rundschau führt schön vor Augen, wieviel besser ein Artikel wird, wenn man auf störendes Hintergrundwissen aus der Wikipedia verzichtet. Sie berichtet vom "Census of Marine Life", einem wissenschaftlichen Projekt, das eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Lebensformen in den Ozeanen durchführt. Und im Meer, da gibt's eine Menge Weichtiere. Weichtiere, also sowas wie z.B. Schlangen. Hätte man jetzt den Weichtiereintrag in der Wikipedia durchgelesen, oder den zu Schlangen, man hätte leicht erahnen können, daß Schlangen in etwa so sehr Weichtiere sind wie Elefanten. Aber man hätte dann nur solch dubiose Beispieltiere wie etwa Kopffüßer anführen können. Und darunter kann sich der Leser sicherlich nichts vorstellen. Schlangen sind da viel anschaulicher. Und der Artikel auch viel leserlicher!


Regel 6: Recherchieren sie NIE!
Im politischen Journalismus mag es geradezu als Tugend gelten, Quellen zu überprüfen und Hintergründe zu recherchieren. Dort gilt es aber auch heute noch in weiten Kreisen als peinlich, unsinnige Artikel aus schlechten Quellen zu veröffentlichen. Ganz anders im Wissenschaftsjournalismus. Denn hier interessieren ihre Artikel im Grunde sowieso nicht, und so ist hier Recherche geradezu eine Todsünde! Im besten Fall würde das Herumgegoogle ohnehin nur bestätigen, was sie sowieso schreiben wollten. Womöglich aber würde es ihren ganzen schönen Artikel ruinieren! Also: recherchieren sie nie, nie, NIE! Nicht mal ein kurzes, verschämtes Googlen vor der Kaffeepause! Einfach raus mit dem Text!

Beispiel (Augsburger Allgemeine, 8. März 2011): "NASA-Forscher: Außerirdisches Leben existiert", das ist natürlich eine Schlagzeile, die man sich nicht entgehen lassen darf! Das sah nicht nur die Augsburger Allgemeine im März so. Und so berichtete sie, wie andere Zeitungen auch, vom "NASA-Wissenschaftler" Richard Hoover, der im US-(Regel 1!)-"Fachjournal" "Journal of Cosmology" von seiner Entdeckung fossiler außerirdischer Bakterien in Meteoriten des Typs "Kohlige Chondriten" (nie gehört? - Regel 5!) darlegt. Eine kurze Online-Recherche hätte jetzt sofort zutage gebracht: Entgegen anderen Erklärungen beschränken sich Herrn Hoovers astrobiologische Leistungen auf nicht referierte Konferenzbände der International Society of Optical Engineering (SPIE), gerne von ihm selber herausgegeben. Dort versucht er offenbar schon seit Jahren, seine "Entdeckung" an den Mann zu bringen. Offenbar hatte er Probleme, Zustimmung oder ein Journal zu finden, das seine Arbeit publizieren wollte. Ein bekanntes Fachjournal hatte seine Arbeit 2007 bereits nach einer Begutachtung abgelehnt. Die Homepage des "Journal of Cosmology" selbst legt nahe, daß es sich, nun ja, um ein Mickey-Maus-Journal handelt. Und die NASA hat sich öffentlich von der Arbeit Hoovers distanziert. Es ist also offensichtlich: eine Recherche hätte schnell gezeigt, daß diese Entdeckung eines "NASA-Wissenschaftlers" so seriös ist wie die neueste Erklärung einer UFO-Sekte! Schon wäre eine wunderbare Schlagzeile mit "NASA-Wissenschaftler" und "Außerirdische" nie zustande gekommen. Das ist gerade noch einmal vermieden worden...


Befolgen sie diese simplen Regeln gewissenhaft, und sie werden keine Probleme bekommen. Nur eine letzte, aber eindringliche Warnung! Wechseln sie mit diesen Regeln niemals das Ressort! Denn wenden sie diese Regeln beispielsweise in der Politik- oder gar Sportredaktion an, sie würden überall (abgesehen von BILD) auf der Stelle geteert und gefedert werden! Genießen sie also lieber die Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten, die ihnen nur der Wissenschaftsjournalismus bietet!
Und nun: Viel Spaß beim Schreiben!

Freitag, 6. Mai 2011

Heute im Angebot: Einstein-Theorie mit Verschwörung

Will man mal so richtig Eindruck schinden, dann sollte man über die Relativitätstheorie reden (oder die "Einstein-Theorie", wie der Spiegel sie nennt...). Das funktioniert immer, hat sie doch den unerschütterlichen Ruf, wirklich unglaublich super wahnsinnig kompliziert zu sein, und außerdem noch völlig und total abstrakt und alltagsfern. Und da keiner sich damit auskennt, könnte man ja auch als ahnungsloser Focus online-Journalist ungestraft jeden Schwachsinn dazu vor sich hinblubbern. So eine Chance muß man nutzen - hier.
Und was schreibt man da so?
"Auch für die Theorien eines Genies wie Albert Einstein gilt: schön und gut, aber ein Praxistest, beispielsweise für die Allgemeine Relativitätstheorie, stand bislang aus."
"Mehr als dreißig Jahre ist es jetzt her, dass amerikanische Physiker mit Hilfe eines Weltraumexperiments erstmals einen Teil der Relativitätstheorie überprüft haben."
Und das, obwohl englische Physiker eine erste Überprüfung der allgemeinen Relativität schon 1919, während einer Sonnenfinsternis, angegangen sind! Ja, das ist immerhin mehr als 30 Jahre her.
"Das sind tischtennisballgroße Kreisel aus Quartz mit einer Beschichtung aus dem Metall Niob. Mit Hilfe eines Magnetfeldes wurden sie im All in Bewegung versetzt, so dass sie fünftausend Mal pro Minute um sich selbst rotierten. Dabei wurden sie mit Hilfe eines Teleskops so ausgerichtet, dass ihre Drehachsen auf den Fixstern Pegasus zeigten."
Ach ja, Englisch "quartz", Deutsch "Quarz". Und einen Fixstern "Pegasus", den müssen die amerikanischen Forscher wohl auch gleich neu entdeckt haben. Denn es gibt allenfalls ein Sternbild Pegasus. Vieleicht hätte man den wirklich hässlichen Sternnamen IM Pegasi aber auch nicht einfach mal so in "Pegasus" verwandeln sollen... Mann, und da ist scienceblogs.de schon Partner von Focus online! Scheint aber nicht viel zu helfen.
"Und doch: Jetzt gibt es den Beweis, dass das Genie mit seiner Theorie Recht behalten hat."
Ja, den gibt es in der Tat. Vieleicht sollten wir hier aber erst mal ein bisschen Verschwörungstheorie um die Relativitätstheorie betreiben! Schließlich ist das ja eine sehr beliebte Beschäftigung:

Wenn man sich für die Geschichte des im Focus-Artikel erwähnten "ersten" Test der allgemeinen Relativität vor mehr als dreißig Jahren interessiert, dann empfiehlt sich der schöne Beitrag The Stanford Relativity Gyroscope Experiment (A): History and Overview von C. W. F. Everitt (1988), veröffentlicht in Near Zero: New Frontiers of Physics. Darin heißt es z.B.
"NASA funding commenced in March 1964 retroactive to November 1963, with initially a supplement from the U.S. Air Force."
U.S. Air Force?? Warum sollte die amerikanische Luftwaffe Tests der Relativitätstheorie mitfinanzieren?! Da steckt doch bestimmt was ganz Großes hinter! Mindestens!
Stimmt! Denn weiter liest man da:
"Cannon's hope was to apply the drag-free satellite in aeronomy and geodesy, as Pugh had suggested. As it turned out, the first application was to the U.S. Navy's TRIAD Transit Navigation Satellite, build by John Hopkins Applied Physics Laboratory and launched in July 1972, [...]."
Da haben wir's! Navigationssatelliten! Da denkt man doch gleich an GPS, eine Entwicklung des amerikanischen Militärs! Und wenn man noch in die Wikipedia guckt, dann findet man da sogar einen eigenen Absatz zu den Effekten der allgemeinen Relativitätstheorie auf das GPS. Da heißt es:
"Damit die Satellitensignale des GPS außer zur Positionsbestimmung auch als Zeitstandard verwendet werden können, wird der relativistische Gangunterschied der Uhren allerdings kompensiert. Dazu wird die Schwingungsfrequenz der Satelliten-Uhren auf 10,229999995453 MHz verstimmt, so dass trotz der relativistischen Effekte ein synchroner Gang mit einer irdischen Uhr mit 10,23 MHz gewährleistet ist."
Diese seltsame Theorie des Genies Einstein steckt heutzutage also implizit selbst im Navi aus dem Sonstwasmarkt mit drin! Soviel zum vermeintlichen Ausstehen des "Praxistests".
Und letztlich sollte man meinen, das mit dem Eindruck schinden durchs Reden über diese mystische, völlig entrückte Relativitätstheorie hätte sich irgendwann auch mal erledigt...

Montag, 2. Mai 2011

Der Fingerzeig des Bösen

Anlässlich des forcierten Ablebens von Osama bin Laden, und der einhergehenden Bilderflut, sollte man sich mal fragen, weshalb man bin Laden und seine Freunde eigentlich auf Bildern ständig mit erhobenen Zeigefinger sieht?

Wollen sie uns ungläubige Hunde ausschimpfen?
Wahrscheinlich.

Wollen sie den Weg zum Himmel weisen?
Bestimmt.

Wollen sie vor Luftangriffen durch US-Drohnen warnen?
Manchmal.

Wollen sie wissen, woher der Wind weht?
Vieleicht.


Ich glaube aber, die Antwort ist eine ganz andere. Islamisten sind einfach große Fans der Renaissancemalerei!

Zuviel der Feinsinnigkeit unterstellt? Iwo! Schließlich hat schon Leonardo da Vinci vorhergesagt, daß eines Tages das Töten eines Tieres soviel zählen wird, wie das Töten eines Menschen. Und das haben diese Herrn ja auch umgesetzt! Wenn dann auch irgendwie anders herum...