Freitag, 9. September 2011

Dem Zombie knapp entkommen

Wird man mal für einige Zeit von seiner Liebsten alleine zu Hause gelassen, dann bietet das ja durchaus auch angenehme Möglichkeiten. Man kann es sich zum Beispiel nachts, diverse Getränke und Snacks griffbereit, auf dem Sofa bequem machen und in Ruhe all die Filme gucken, die im Beisein sensibler Damen tabu sind. Nein, nicht falsch verstehen! Erst durfte der ein oder andere Zombie in Dawn of the Dead über den Bildschirm tollen. Und als Spätprogramm gab es dann The Grudge, ein auf Nerven anspannende Weise irgendwie ungewohnter Horrorfilm. Und solche Filme haben ja, im Dunkeln alleine in der Wohnung, durchaus so ihrer Nachwirkungen. Ich will jetzt nicht sagen, daß ich Angst hatte, nein nein! Aber sie machen einen dann doch ein klein wenig dünnhäutiger als sonst.
Und dann komme ich so um kurz nach zwei aus dem Bad und auf dem Weg durch die dunkle Wohnung ins Bett will ich noch eben die Balkontür zumachen. Die Tür zum üblicherweise leeren Balkon. Völlig leer, und völlig dunkel. Normalerweise. Ich nehme den rechten Flügel der Tür in die Hand und schwinge ihn, der Blick schweift müde im dunklen Hof umher, mit einer Armbewegung zu. Und stoße auf halben Weg plötzlich auf einen lautlosen, weichen aber starken Widerstand. Verblüfft sehe ich nach unten, und ich sehe zu meinem Entsetzen etwas Dunkles, Unförmiges, Massiges, das sich vom Balkon aus um den Türpfosten in die Wohnung schieben will. Das Adrenalin schießt sofort hoch, ich reiße im Schrecken den Mund auf, schnappe nach Luft und mache einen blitzschnellen, weiten Satz zurück, nur weg von der Tür. Tja, und in der viel zu kleinen Wohnung stolpere ich gleich über das hinter mir herausragende Ende der Chaiselongue, falle nach hinten drüber und krache mit dem Kopf und den Schultern auf den niedrigen schwarzen Couchtisch aus bestem schwedischen Pressspan. Und für so was sind schwedische Couchtische nicht gemacht. Schultern übrigens auch nicht. Die Tischplatte bricht der Länge nach und hätte ich nicht Gläser und Besteck schon in die Küche gebracht, ich wäre womöglich nicht mit ein paar blauen Flecken weggekommen. Aber immerhin, Zombies und Dämonen hatte ich jetzt nicht mehr im Sinn. Ich rappelte mich aus dem kaputten Tisch, von der Fernbedienung, den Zeitschriften und dem nun mehr Span als Pressspan auf, schalte das Licht an. Und im Licht finde ich den unheimlichen dunklen Eindringling unverändert in der Balkontür eingeklemmt: Ein Bettbezug, den der Wind offenbar vom drüberliegenden Balkon herunter und zwischen Balkon und Wohnzimmer geweht hat, wo ich ihn mit der Tür zu einem Haufen zusammengeschoben hatte.
Und damit ist klar, die Schuld an all dem Chaos hat allein der Gigolo aus der Wohnung über mir! Denn der hat sich wohl nicht mehr getraut, noch mal bei uns zu klingeln und seine Bettwäsche abzuholen. Bis heute war er nicht da. Würde ihm auch nicht viel bringen, sein Bettbezug müsste er schon vom Dach der Garage im Innenhof auflesen. Dort, irgendwie und unerklärlich in derselben Nacht vom Wind noch weitergeweht, verrottet er jetzt. Wie kann man seine Mitmenschen auch nur so erschrecken?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen