Samstag, 28. April 2012

Vom Mögen und Menschen

Mit dem Hegel-Preis setzt sich DWüdW ja sehr für einen kreativen Umgang mit der Logik ein. Doch man muß gar nicht zu Berufsgläubischen, Berufsesoterikern oder Berufspolitikern gehen, um die faszinierendsten Interpretationen des Begriffs "Logik" zu finden. Das beeindruckendste Beispiel für an die eigenen Bedürfnisse angepasstes Denken findet ein jeder Einzelne in seinem ganz persönlichen Umfeld, in Familie, Verwandtschaft und engem Freundeskreis. Und da nahezu ausnahmslos im weiblichen Teil. Nur dort taucht immer wieder eine Variante der wunderbaren Formulierung auf:
"Ich weiß, Du magst das nicht, aber ich habe es trotzdem mal gemacht. Ich dachte, vielleicht freust Du Dich."
Egal, ob wir mit einem neuen Unterwäscheset mit Snoopy drauf aus der Kaffeeröstereikette beglückt werden. Oder ob wir einen Überraschungsbesuch mit Kindern nach der Nachtschicht bekommen. Oder ob uns endlich mal jemand in unserer Abwesenheit "Ordnung" auf unserem Schreibtisch schafft und bei der Gelegenheit auch gleich das Unwichtige aussortiert und wegwirft. Eine solche Formulierung, quasi Dialektik für Hirngeschädigte, sie wird tatsächlich ernst gemeint. Das merkt man schon an der einem entgegenschlagenden Enttäuschung, wenn man äußert, daß man es nicht mag und man sich daher auch nicht freut. Hat man Glück, dann erhält man als Erwiderung nur ein schmollendes "Ist ja gut, ich mache es nie wieder!". Wobei "nie wieder" einen Zeitraum von zwei Tagen bis maximal eine Woche bezeichnet. Wenn man dagegen Pech hat, dann hört man aber ein "Ich hab es doch nur gut gemeint!". Und das stimmt. Nur hat man es mit sich selbst gut gemeint, nicht mit der betroffenen Person. Und während man es bei wildfremden Menschen einfach als selbstverständlich hinnehmen kann, wenn sie es nur mit sich selbst gut meinen, so schuldet man nahestehenden Personen auch noch Dank dafür. Die einzige Antwort, die einem als Betroffener in so einer Situation noch bleibt, ist: "Ja, ich mag es nicht und das weißt Du ja auch, aber jetzt, wo Du es gemacht hast, freue ich mich wie Bolle!". Denn Ironie wird in dieser Situation geflissentlich ignoriert.
Eine zweite mögliche Reaktion gibt es so rein theoretisch gesehen natürlich doch noch: "Ich weiß, Du magst das nicht, aber ich habe Dir trotzdem mal in den Hintern getreten. Vielleicht freust Du Dich ja." Nur leider greift im konkreten Fall wohl niemals jemand zur zweiten Option...

Montag, 23. April 2012

Die Teutonen-Metrik

Letzte Woche ging die unselige Diskussion, ob der Islam denn nun zu Deutschland gehöre, in eine neue Runde. Ja, wie denn nun, gehört er denn nun dazu oder nicht? Darauf kann man doch wohl eine eindeutige Antwort verlangen! Und da wir kaum einem Präsidenten oder einem Unionspolitiker die Entscheidungsgewalt in dieser Sache zugestehen wollen, muß es ein objektives Kriterium geben, nach dem wir entscheiden können, was zu Deutschland gehört und was nicht! Doch niemand hat bisher ein solches Kriterium genannt. Diese Frage hat der Wahrheit über die Wahrheit keine Ruhe gelassen, und so hat die DWüdW-Forschungsgruppe Integration, Identität und institutionalisierte Intoleranz, InIdInIn, (nicht zu verwechseln mit InInInInInInInInIn!) das ganze Wochenende durchgearbeitet. Und hier ist das Ergebnis, der D-Index (oder wie er in der Forschungsgruppe auch scherzhaft heißt, die "Teutonen-Metrik")! Eine einfach zu berechnende Zahl, die angibt, wie sehr etwas zu Deutschland gehört, von Null (gehört zu Deutschland wie die Falafel zum Sauerkraut) bis Eins (gehört so untrennbar zu Deutschland wie der Frührentner hinterm Jägerzaun, der sich fragt, wo wir denn hinkämen, wenn das [bei Rot über die Straße gehen, den Müll nicht richtig trennen, Haschisch rauchen, diese Killerspiele spielen,...] alle machten). Und das Beste: Der D-Index kommt umsonst! Keine Registrierung, keine Lizenzgebühren, er ist quasi das Geschenk der Wahrheit über die Wahrheit an Deutschland! Kostenloskultur, Gratismentalität - wir werden sie noch gefeiert! Doch bevor wir die enorme Nützlichkeit des D-Index bei Fragen des Deutschseins bis hin zur deutschen Leitkultur demonstrieren können, müssen wir erst noch einen eher technischen Absatz einschieben, um den Index zu erläutern.

Wie sehr etwas zu Deutschland gehört, hängt von zwei Faktoren ab. Nehmen wir etwa das Judentum. Das gehört selbstverständlich zu Deutschland, allein schon, um nicht in Naziverdacht zu kommen, wenn man mal wieder auf die Muselmänner schimpft. Dabei machen Juden mit gerade mal 0,24% der deutschen Bevölkerung nur einen verschwindend kleinen Anteil aus (alle hier verwendeten Zahlen kommen aus der Wikipedia). Offenbar gehören sie nur zu Deutschland, weil sie schon immer da waren. Die erste Größe, die wir zu berücksichtigen haben, ist also die Zeit, seit der es etwas in Deutschland gibt.
Um handlichere Zahlen zu bekommen, nehmen wir mal nicht die Anzahl der Jahre, die es etwas in Deutschland gibt, sondern die Zeit relativ zur gesamten deutschen Existenz. Auf diese Weise erhalten wir Zahlen zwischen 0 (gibt's noch gar nicht in Deutschland) und 1 (gab's schon immer in Deutschland). Doch seit wann gibt es Deutschland? Da es ja immer um die historische Zugehörigkeit geht, müssen wir hier auch historische Skalen betrachten. Nehmen wir also mal die Krönung Otto des Großen zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 962 als Beginn der deutschen Historie. Dann ist unser erster Parameter, nennen wir ihn X:

X = (gegenwärtiges Jahr - Jahr des Auftretens in Deutschland) / (gegenwärtiges Jahr - 962)

Als zweites Beispiel betrachten wir mal Wer wird Millionär?. Das gehört zwar zu Deutschland, obwohl es erst 1999 aus Großbritannien nach Deutschland kam. Doch es wird von Millionen von Deutschen angeschaut. Unsere zweite Einflußgröße ist also der Anteil der Deutschen, der sich für etwas interessiert. Nennen wir diesen Parameter Y:

Y = Zahl der betroffenen bzw. teilhabenden in Deutschland /  Gesamtzahl der (potentiell) betroffenen in Deutschland

Was wir jetzt für den D-Index brauchen, ist eine Funktion, die jedem Paar X,Y eine Zahl zwischen 0 und 1 zuordnet. Um eine geeignete Funktion zu finden, können wir uns von zwei Bedingungen leiten lassen:
1) Wenn X und Y gegen 0 gehen, soll auch die zugeordnete Zahl gegen 0 gehen. Denn wenn es etwas in Deutschland gar nicht gibt, dann soll es auch nicht zu Deutschland gehören.
2) Wenn X oder Y oder beide gegen 1 gehen, dann soll auch die zugeordnete Zahl gegen 1 gehen. Denn wenn es etwas schon immer in Deutschland gab oder alle Deutschen es tun, dann soll es auch zu Deutschland gehören.
Ein einfaches Addieren von X und Y genügt nun nicht. Denn das würde zwar die Bedingung 1) erfüllen, aber nicht die Bedingung 2). Addieren wir also die Quadrate von X und Y, und normieren wir es auf die Summe von X und Y:
(X2 + Y2) / (X + Y)
Diese Funktion erfüllt beide Bedingungen, und wir haben unseren D-Index schon fast gefunden! Nur eine Schönheitskorrektur ist noch angebracht. Denn die so aus X und Y berechnete Größe ist ein ziemlich großes Maß. Vieles, was zweifelllos zu Deutschland gehört, würde einen ziemlich kleinen Wert bekommen, und man müßte die Grenze zwischen dem, was zu Deutschland gehört und was nicht,  bei sehr kleinem D-Index ziehen. Um größere Zahlen zu bekommen, müssen wir den D-Index noch etwas "stauchen". Dazu nehmen wir den oben berechneten Wert noch zu einer Potenz. Ein Vergleich mit zweifellos deutschen Dingen zeigt, daß der Wert 0,3 für diese Potenz eine gute Wahl ist. Also können wir nun den D-Index ausrechnen:
D-Index = [ (X2 + Y2) / (X + Y) ]0,3
Schon sind wir fertig! Natürlich ist eine Zahl zwischen 0 und 1 für eine politische Diskussion noch immer viel zu kompliziert. Daher empfiehlt InIdInIn folgende vereinfachende Klassifikationen:
Was einen D-Index kleiner als 0,5 hat, gilt offiziell als nicht zu Deutschland gehörend, was einen D-Index von 0,5 aufwärts hat, gehört zu Deutschland. Damit können schon mal pauschale Aussagen gemacht werden. In der Praxis könnte aber eine weitere Abstufung sinnvoll sein. Teilen wir also den Bereich der D-Indizes in vier Zonen ein:
Zone IV: Der D-Index ist kleiner als 0,25. Was hier liegt, gehört nicht zu Deutschland, und Deutschland braucht es auch nicht, schließlich kam es ja schon immer gut ohne aus. Was in Zone IV liegt, kann also gleich wieder dahin abgeschoben werden, wo es her kam.
Zone III: D-Index von 0,25 bis 0,5. Was hier liegt, gehört zwar nicht zu Deutschland, aber wenn sichergestellt wird, daß es sich nicht zu sehr vermehrt und auf der Staatskasse liegt, dann kann es als Zeichen der Weltoffenheit in Deutschland toleriert werden.
Zone II: D-Index von 0,5 bis 0,75. Gehört zwar zu Deutschland, aber hier wird man vermutlich all den neumodischen Dreck finden: Walkman, VHS, diese Rock 'n' Roll-Musik und was die jungen Leute heute nicht sonst noch alles "geil" finden. Doch als Zeichen der Zukunftsgewandtheit hat all dies seinen Platz in Deutschland.
Zone I: D-Index größer als 0,75. Hier ist die deutsche Leitkultur zu Hause! Fragen des Einbürgerungstests sollten nur aus diesem Bereich kommen: Wer hat die Ode an die Freude komponiert? In welche Mülltonne gehört Schokoladenpapier? Welches war die letzte siegreiche Schlacht der deutschen Wehrmacht?

Der D-Index in Abhängigkeit von den Parametern X (relative
Zeit in Deutschland) und Y (relative Häufigkeit). Die Werte
reichen von 0 (schwarz) bis 1 (weiß, natürlich).
Die obige Abbildung veranschaulicht nun den D-Index in Abhängigkeit on den beiden Parametern X und Y. Die Zonen IV bis I sind markiert, und die Position einiger Dinge sind zur Verdeutlichung als rote Punkte mit eingetragen. Man erkennt also deutlich, Demokratie, Kartoffeln und Judentum fallen ganz klar in die Zone I der deutschen Leitkultur, während die Bildzeitung und Wer wird Millionär? zwar noch zu Deutschland gehören, aber wenigstens nicht zur Leitkultur. Wie erwartet gehören der Islam und die Kiwi nicht zu Deutschland. In Zone III liegend, können sie aber toleriert werden. Der D-Index bestätigt also bestens, was man erwarten würde! Eine interessante Tatsache fällt aber dennoch auf: Die CSU (gegründet 1945, 6,5% bei der letzten Bundestagswahl) gehört nicht zu Deutschland! Sie fällt in Zone III und es gilt für sie dasselbe wie für den Islam: Sie kann geduldet werden, wenn sie sich nicht zu sehr vermehrt und dem Staat auf der Kasse liegt. Auf den ersten Blick ein erstaunliches Ergebnis. Auf den zweiten Blick aber auch nur wieder eine Bestätigung dessen, was man im Grunde schon immer wußte.

Damit dürfte sie Brauchbarkeit und Nützlichkeit des D-Index hinreichend demonstriert sein. Für Einladungen ins Frühstücksfernsehen und zu Maybrit Illner steht die DWüdW-Redaktion natürlich gerne zur Verfügung. Ansonsten: Dankt mir nicht! Das gute Gefühl, seinem Land mit dem D-Index einen Dienst erwiesen zu haben, ist Dank genug.

Mittwoch, 18. April 2012

Jetzt nur keine Panik!

Was machen Forscher eigentlich die ganze Zeit so? Also, wenn ich Forscher wäre, dann würde ich an dieser Stelle ja erst mal eine Warnung aussprechen...

Update! 22.11.2013:


20.11.2013:

18.11.2013:

17.11.2013:

8.11.2013:


30.10.2013:
Forscher warnen vor gigantischen Müllbergen

28.10.2013:
Forscher warnen vor Nachbeben

19.10.2013:
Forscher warnen vor Übereifer
Forscher warnen vor Mindestlohn

16.10.2013:
"Forscher warnen vor "tödlichem Trio" für die Meere"

24.9.2013:
Forscher warnen vor den negativen Folgen von Koffein in jungem Alter

18.9.2013:
Forscher warnen vor Anti-Grünen-Wahlkampf

6.9.2013:
Forscher warnen vor Überschuldung und Altersarmut

5.9.2013:
Forscher warnen vor Verwahrlosung deutscher Städte

2.9.2013:
Forscher warnen vor Verlust an fruchtbaren Böden

26.8.2013:
Forscher warnen vor Folgen der Ozeanversauerung

22.8.2013:
Forscher warnen vor Arsen in Chinas Wasser

21.8.2013:
Forscher warnen vor der Eroberung der Ostsee durch fremde Arten

20.8.2013:
Forscher warnen vor Borkenkäfer-Plage

19.8.2013:
Forscher warnen vor gefährlichen Hautausschlägen
Forscher warnen vor vollem Speicher

14.8.2013:
Forscher warnen vor Hitzewellen

6.8.2013:
Forscher warnen vor Gefahr einer Pandemie

5.8.2013:
Forscher warnen vor über 50 Sicherheitslücken in WLAN-Routern

24.7.2013:
Forscher warnen vor arktischer Kosten-Zeitbombe

19.7.2013:
Forscher warnen vor Lücken bei der Masernimpfung

10.7.2013:
Forscher warnen vor verseuchtem Trinkwasser

5.7.2013:
"Forscher warnen vor zwanghaftem Verhalten"

4.7.2013:
"Forscher warnen vor der Gefahr des Virus H7N9"

21.6.2013:
Forscher warnen vor Datenschutzgefahren durch Metadaten

20.6.2013:
Forscher warnen vor Hungersnöten

19.6.2013:
Forscher warnen vor häufigeren und intensiveren Hochwassern

18.6.2013:
Forscher warnen vor starkem Beben bei Istanbul

17.6.2013:
Forscher warnen vor dem Verzehr von Fisch

10.6.2013:
Forscher warnen vor Gletscherschmelze

6.6.2013:
Forscher warnen vor Wachstum

19.5.2013:
Forscher warnen vor E-Zigarette

11.5.2013:
Forscher warnen vor den katastrophalen Folgen

3.5.2013:
Forscher warnen vor Europas schlechtem Beispiel

30.4.2013:
Forscher warnen vor Deichrückbau
Forscher warnen vor Erhöhung des Kindergeldes

29.4.2013:
Forscher warnen vor D-Mark-Comeback
Forscher warnen vor zerstörerischen Stauseen

17.4.2013:
Forscher warnen vor Schwachstelle in Android-Apps

9.4.2013:
Forscher warnen vor Verdrängung

2.4.2013:
Forscher warnen vor Süßstoff Aspartam

25.3.2013:
Forscher warnen vor den Folgen

24.3.2013:
Forscher warnen vor dem eisigen 'Schweinezyklus'

20.3.2013:
Forscher warnen vor Chemikalien im Trinkwasser

9.3.2013:

8.3.2013:

5.3.2013:
Forscher warnen vor weiteren Gefahren für das Ökosystem der Arktis

28.2.2013:
Forscher warnen vor einem Verbot von Indexfonds

20.2.2013:
Forscher warnen vor Gefahren durch Fracking

17.2.2013:
Forscher warnen vor Vitamin D-Mangel

13.2.2013:
Forscher warnen vor dem Wirkstoff Diclofenac

5.2.2013:
Forscher warnen vor Langzeitfolgen

25.1.2013:
Forscher warnen vor gefährlichem dritten Cholesterin

23.1.2013:
Forscher warnen vor dem Ende

18.1.2013:
Forscher warnen vor knapp werdendem Brennholz

12.1.2013:
Forscher warnen vor Überhitzung in den USA

10.1.2013:

9.1.2013:

28.12.2012:
Forscher warnen vor Erdbeben im Himalaya

20.12.2012:
Forscher warnen vor dem zunehmenden Übergewicht in den USA

18.12.2012:
Forscher warnen vor überraschendem Asteroiden-Einschlag

13.12.2012:
Forscher warnen vor einer sozialen Spaltung des Landes

11.12.2012:
Forscher warnen vor unnötigem Einsatz von UV-Filtern
Forscher warnen vor gehäuften Gewaltdarstellungen

4.12.2012:
Forscher warnen vor einer Beschleunigung der Erderwärmung

28.11.2012:
Forscher warnen vor neuer Sintflut

20.11.2012:
Forscher warnen vor Hitzewellen auf der Erde

19.11.2012:
Forscher warnen vor Wetterextremen
Forscher warnen vor Schlafmittel

18.11.2012:
Forscher warnen vor den globalen Folgen

14.11.2012:
Forscher warnen vor Ausbluten ihrer Wissenschaft
Forscher warnen vor Verzögerungen

13.11.2012:
Forscher warnen vor "neuer Generation" des Rechtsextremismus

9.11.2012:
Forscher warnen vor den Auswirkungen von Kollisionen im Orbit
Forscher warnen vor einem Zusammenbruch der Eurozone

28.10.2012:
Forscher warnen vor Tsunamigefahr an den Ufern von Binnengewässern

22.10.2012:
Forscher warnen vor Müll in Tiefsee

21.10.2012:
Forscher warnen vor schweren Sicherheitsmängeln bei Android-Apps

11.10.2012:
Forscher warnen vor Oberflächenersatz bei Frauen
Forscher warnen vor Wirtschaftsflaute in Deutschland

2.10.2012:
Forscher warnen vor Risiken im Bundeshaushalt

1.10.2012:
Forscher warnen vor schrumpfenden Fischen

24.9.2012:
Forscher warnen vor Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie

19.9.2012:
Forscher warnen vor einem "neuen Klimazustand"

17.9.2012:
Forscher warnen vor Schäden an Korallen

14.9.2012:
Forscher warnen vor Einfluss auf Jetstream

11.9.2012:
Forscher warnen vor Aussterben einzigartiger Arten

5.9.2012:
Forscher warnen vor drohender Rezession

4.9.2012:
Forscher warnen vor schlimmen Folgen durch Bienensterben

31.8.2012:
Forscher warnen vor Katastrophen durch fehlende Rettungskapazitäten fernab vom Land

27.8.2012:
Forscher warnen vor Panik

23.8.2012:
Forscher warnen vor einem Siegeszug der Selbstsucht

21.8.2012:
Forscher warnen vor Nanopartikeln in Speise-Pflanzen

14.8.2012:
Forscher warnen vor Rekord-Schmelze in der Arktis

23.7.2012:
Forscher warnen vor Bakterien in der Ostsee
Forscher warnen vor HIV-Resistenzen

17.7.2012:
Forscher warnen vor Extremtemperaturen

14.7.2012:
Forscher warnen vor Sonnensturm
Forscher warnen vor Suchtpotential von Onlineglücksspielen

11.7.2012:
Forscher warnen vor drastischem Anstieg der Arbeitslosigkeit

22.6.2012:
Forscher warnen vor Vogelgrippe

21.6.2012:
Forscher warnen vor Berlins "Herdprämie"

19.6.2012:
Forscher warnen vor Erdbeben wegen Kohlendioxid im Boden

14.6.2012:
Forscher warnen vor Krebs durch Dieselabgase

7.6.2012:
Forscher warnen vor raschem Öko-Kollaps

22.5.2012:
Forscher warnen vor gefälschten Medikamenten

18.5.2012:
Forscher warnen vor bengalischen Rauchschwaden

14.5.2012:
Forscher warnen vor Dropbox

11.5.2012:
Forscher warnen vor Allergie-Boom

9.5.2012:
Forscher warnen vor Mücken-Explosion

3.5.2012:
Forscher warnen vor einer Epidemie der Kurzsichtigkeit in Industrieländern

21.4.2012:
Forscher warnen vor Eiszeit in 10 000 Jahren

20.4.2012:
Forscher warnen vor Tsunamigefahr in Griechenland

19.4.2012:
Forscher warnen vor bedrohlichen Sonnenstürmen
Forscher warnen vor Umweltschäden durch Staudämme in den Anden

18.4.2012:
Forscher warnen vor Strahlung in Lehmhäusern

13.4.2012:
Forscher warnen vor Risiken chinesischer Naturheilmedizin

6.4.2012:
Forscher warnen vor Tsunami an der Nordsee

4.4.2012:
Forscher warnen vor dem Betreuungsgeld

2.4.2012:
Forscher warnen vor negativen Effekten für Kinder

30.3.2012:
Forscher warnen vor "Lichtverschmutzung"

8.3.2012:
Forscher warnen vor Millionen Scheinpatienten

8.3.2012:
Forscher warnen vor schweren Langzeitschäden in Ökosystemen

5.3.2012:
Forscher warnen vor Metall-Hüftgelenken

23.2.2012:
Forscher warnen vor weiterer Zerstückelung von Tropenwäldern

15.2.2012:
Forscher warnen vor fatalem Erdbeben in Fukushima

14.2.2012:
Forscher warnen vor Herzinfarkt durch Stress im Job

7.2.2012:
Forscher warnen vor Waffen mit Gedankensteuerung

21.1.2012:
Forscher warnen vor Terrorgefahr

20.1.2012:
Forscher warnen vor Wettrüsten in Nahost

18.1.2012:
Forscher warnen vor Scheitern der Energiewende

17.1.2012:
Forscher warnen vor gefälschten Malariamitteln

6.1.2012:
Forscher warnen vor Kautschuk-Brühe

5.12.2011:
Forscher warnen vor Aussterben von Thunfischen und Makrelen

5.12.2011:
Forscher warnen vor zu viel Arsen im Reis

30.11.2011:
Forscher warnen vor E-Zigarette

26.11.2011:
Forscher warnen vor Rabattschlacht auf deutschem Automarkt

15.11.2011:
Forscher warnen vor Lebensmittelproduktion in Fukushima

3.11.2011:
Forscher warnen vor Rauchstopp-Pille Campix

17.10.2011:
Forscher warnen vor Drehen an Klimaschraube

11.10.2011:
Forscher warnen vor Super-Tripper!

7.9.2011:
Forscher warnen vor drastisch steigenden Sepsis-Fällen

6.9.2011:
Forscher warnen vor Artisschmelze

6.9.2011:
Forscher warnen vor Vorträgen mit PowerPoint-Präsentationen

3.9.2011:
Forscher warnen vor Nanosilber in Neurodermitis-Cremes

26.8.2011:
Forscher warnen vor Epidemie der Fettleibigkeit

25.8.2011:
Forscher warnen vor verwaisten Alpen

16.8.2011:
Forscher warnen vor giftigen Kassenzettel

1.8.2011:
Forscher warnen vor Zombie-Cookies

24.7.2011:
Forscher warnen vor angeblicher Hungersnot nach einem Bienensterben

24.6.2011:
Forscher warnen vor Auswirkungen von Alzheimer auf Weltwirtschaft

22.6.2011:
Forscher warnen vor Geschirrspülern!

21.6.2011:
Forscher warnen vor Massensterben in den Meeren

20.6.2011:
Forscher warnen vor riskanter Cloud-Nutzung

26.5.2011:
Forscher warnen vor Salat

25.5.2011:
Forscher warnen vor Salat, Gurken und Tomaten

18.5.2011:
Forscher warnen vor Artensterben noch unbekannter Tiere

22.4.2011:
Forscher warnen vor Ausstiegssplan der Grünen

5.4.2011:
Forscher warnen vor Arktis-Ozonloch bis zum Mittelmeer

31.3.2011:
Forscher warnen vor schnellem Aus für die Atomkraft

3.3.2011:
Forscher warnen vor Spaltung des Arbeitsmarktes

31.1.2011:
Forscher warnen vor neuem Riesenbeben in Chile

31.1.2011:
Forscher warnen vor Risiken der Nanotechnologie

27.1.2011:
Forscher warnen vor Medikamenten für Ältere 

19.1.2011:
Forscher warnen vor schnellem Griff zu Pillen

19.1.2011:
Forscher warnen vor zu lockerem Statin-Gebrauch

---abgebrochen---


Manches hätte man so ja nicht erwartet... Aber jetzt soll keiner mehr sagen, er sei nicht gewarnt gewesen!

Sonntag, 15. April 2012

Die letzten Traumatisierten der Titanic

Die Süddeutsche präsentiert anläßlich des hundertsten Jahrestages des Untergangs der Titanic einen beeindruckenden Kommentar: Was bleibt, ist ein mitleidiges Lächeln. Und das stimmt. Nur bemitleidet man den Kommentar, nicht den Fortschrittsglauben, der darin kritisiert wird. Die dort zur Schau getragene Fortschrittsskepsis kommt, wie immer nach einer Katastrophe, aus dem wohlfeilen moralischen Standpunkt einer abgeklärten Vernunft, die ein kindisches Streben nach Größer-Schneller-Weiter kritisiert. Heute meint der Autor der Süddeutschen, "Wissenschaftsjournalist des Jahres 2009" Werner Bartens, ein solches Streben nur noch bei Schwellenländern ausmachen zu können:
"Allenfalls die phallokratischen Ambitionen einiger Schwellenländer, in geologisch aktiven Gebieten der Erde das höchste Gebäude der Welt zu errichten (die Antenne zählt aber mit!), erinnern an den siegesgewissen Taumel der Titanic-Erbauer und ihr Schneller-Höher-Weiter."
Nun soll wohl die unsinnige Behauptung, nur einige Schwellenländer würden sich an einem Schneller-Höher-Weiter interessiert zeigen, darüber hinweg täuschen, daß die Fortschrittsskepsis ein typisch westeuropäisches Phänomen ist. Auch in hoch entwickelten Ländern wie Japan oder den USA ist die Begeisterung für technologische Höchstleistungen ungebrochen. Doch an der Überlegenheit seines abgeklärt-vernünftigen Standpunkts läßt der Herr Bartens keinen Zweifel aufkommen:
"Die westlichen Industrieländer haben sich längst aus dieser Konkurrenz verabschiedet - und betrachten das Treiben wie Erwachsene den Wettlauf von Kindern um den größten Turm aus Bauklötzen."
Man könnte hier aber das schöne Bild auch umkehren. Dann ist das, was man sich selbst als Reife und Besonnenheit des Alters schön redet, plötzlich nichts weiter als Altersschwäche und Impotenz. Müde, ohne Energie, Begeisterung und Hunger nach Neuem sitzt man auf der Bank und schaut den Jungen zu, deren agiles und leidenschaftliches Streben nur schwanzgesteuerte - oder wie es bei der Süddeutschen natürlich heißt: phallokratische - Kindereien seien. Und ohne selbst noch etwas Beeindruckendes hervorbringen zu können, kommentiert man jeden der unausweichlichen Fehler der Handelnden mit einem selbstgefälligen "Siehste! Wer etwas macht, macht's falsch!". Doch übersehen die Impotenz für Reife haltenden Europäer, die sich "aus der Konkurrenz verabschiedet haben": Es ist nicht die ach so altersweise Untätigkeit, die die Zukunft gestaltet, sondern das begeisterte Handeln der potenten Jugend, egal wie viele Fehler die dabei auch machen wird. Im Falle der Technologie heißt dies, daß das Höher-Schneller-Weiter, das Streben nach neuen technischen Höchstleistungen, letztlich die technologische Entwicklung in all ihrer Breite mit sich ziehen wird. Und dann werden die "Schwellenländer" Europa eines Tages wirklich alt aussehen lassen.
Doch Herr Bartens untermauert seine Fortschrittsskeptik ja. Und zwar durch allerlei wirre Bezüge. So scheint es ihm irgendwie gegen den Fortschritt zu sprechen, wenn es bei Großforschungsprojekten wie den Beschleunigerexperimenten des CERN zu Verzögerungen und Schwierigkeiten kommt. Daß der Bau einer riesigen, komplexen, nie zuvor gebauten Maschine nicht nach Fahrplan verlaufen kann, scheint ihm nicht weiter bedenkenswert zu sein. Stattdessen sähe er lieber einfach nur "kleine oder mittelgroße Forschungsgruppen" am Werk. Auch die Tatsache, daß andere Organisationsstrukturen und Techniken beim Entschlüsseln des menschlichen Genoms, auch wenn sie später gestartet sind, mit älteren Bemühungen konkurrieren konnten, scheint ihm aus irgendwelchen Gründen auf die "Grenzen des Wachstums" hinzuweisen. Zur Abrundung werden zu den wissenschaftlich-technischen Großprojekten dann noch die Bemühungen von weltumrundenden Abenteurern untergerührt. Der Rest sind banale Erkenntnisse der Art:
"Kein Flugzeug, kein Zeppelin und erst recht kein Raketenstart galt als absolut sicher."
Da ist es doch mal interessant nachzusehen, weshalb das gerade bei der Titanic damals anders war. Hier findet man den Versuch, den Ursprung des Unsinkbarkeitsglaubens aufzuspüren. Die erste Erwähnung von "unsinkbar" findet sich demnach in einer Information der Reederei über die Titanic und ihr Schwesterschiff Olympic von 1910, in der es noch recht moderat heißt:
"...; and as far as it is possible to do so, these two wonderful vessels are designed to be unsinkable."
Dann waren es nicht etwa wie behauptet die Erbauer, sondern Journalisten der Irish News, der Belfast Morning News und des Shipbuilder Magazine, bei denen aus einem "entworfen, um unsinkbar zu sein, so weit es halt möglich ist" ein "praktisch unsinkbar" wurde - um im öffentlichen Bewußtsein zu einem "tatsächlich unsinkbar" zu werden. Offenbar sind Journalisten am Mythos Unsinkbarkeit nicht ganz unschuldig gewesen.
Womöglich hatten und haben Menschen, die neue Techniken entwickeln und einsetzen, niemals an ihre absolute Sicherheit geglaubt. Und die Öffentlichkeit glaubt auch nicht mehr daran, da hat sie ihre Lektion aus dem Untergang der Titanic wohl gelernt. Allein manch ein Journalist schreibt noch immer verbissen gegen einen Glauben an, die sein Berufsstand vor einhundert Jahren eifrig mit herbeigeschrieben hat. Vielleicht sind Journalisten die Letzten, die das Trauma vom Untergang der Titanic noch nicht überwunden haben.

Samstag, 14. April 2012

Europareise der Inkompetenz: 5 - Italien

Wo ein Italienbesuch ansteht, dachte ich mir, wird es Zeit, Italien auch mal auf unserer Europareise der Inkompetenz näher zu betrachten. Doch nach kurzem Überlegen wurde mir klar, hier sind wir völlig falsch. In Italien gibt es keine Inkompetenz.
Ich meine, das fängt ja schon damit an, daß kein anderes Land der Welt in seiner Bedeutung so sehr unterschätzt wird wie Italien. Griechenland etwa wird allenthalben angerechnet, hach, die Demokratie erfunden zu haben, während Italien auf die Heimat des Mozzarella reduziert wird. Doch das Prinzip "Brot und Spiele", das Bankenwesen und die Pizza, und somit alles, was für einen modernen Staat im 21. Jahrhundert wirklich von Relevanz ist, stammen von da, wo heute Italien ist. Doch nicht nur das, Italien hat schon vor Jahrhunderten ausprobiert, oft mehrfach, was anderen Ländern immer noch bevorsteht. Während Deutschland sich fürchtet, von primitiven türkischen Gemüsehändlern abgeschafft zu werden, wurde Italien gleich mehrfach von den primitiven Germanen überrannt. Und es existiert immer noch. In Deutschland diskutiert man endlos über Stuttgart 21, in Italien hat man Alt-St. Peter abgerissen und einen neuen Petersdom draufgeklotzt. Und während man es in Deutschland für spätrömische Dekadenz hält, wenn der keine Anschlußverwendung findende Pöbel seine 200 Gramm Discounterwurst im Monat vom Leistungsträger bezahlt bekommt, läßt sich ein italienischer Ministerpräsident marokkanische Nutten im Regierungsflugzeug in seine toskanische Villa einfliegen. Kann man sich vorstellen, daß ein deutscher Präsident sich seine Nutten von der Flugbereitschaft der Bundeswehr in sein Einfamilienhaus in Großburgwedel einfliegen läßt? Spätestens an diesem Punkt erahnt man, wie viel größer, wie unendlich weit voraus Italien der übrigen Welt in jeder Hinsicht, im Guten wie im Schlechten, doch ist! Wobei - einfach gerade voraus kann man auch nicht behaupten. Eigentlich geht es ja räumlich und zeitlich alles durcheinander. Italien ist seit fast drei Jahrtausenden ununterbrochen aufgeführte Aktionskunst, die von tiefsten menschlichsten Abgründen über die schärfste Realsatire bis in die höchsten zivilisatorischen Höhen wandelt, und das alles gerne auch noch mehr oder weniger gleichzeitig. Kein Wunder, daß die italienische Literatur ausgerechnet mit Dante Alighieris Wanderung von der Hölle durchs Fegefeuer in den Himmel begann! Nein, Italien fehlende Kompetenz vorzuhalten, das wäre wie dem Jazz fehlenden Rhythmus vorzuwerfen oder van Gogh fehlende Ohren. Italien muß man als ein über Zeit und Raum erhabenes, zum Gesamtkunstwerk geronnenes gesellschaftliches Dauerexperiment betrachten. Meinetwegen könnte man es ja komplett und inklusive der Einwohner zum Weltkulturerbe erklären. Wenn wir aber in Kategorien wie Inkompetenz denken wollen, dann müssen wir weiter ziehen...

Donnerstag, 12. April 2012

Die Hohe Kunst des Heuchelns

Eine gut gewählte Abbildung
hilft, auch komplexe Positionen
anschaulich zu machen.
Das mit den Kindern eine große Zeit des Heuchelns ansteht, war mir klar: "Das ist ja ein tolles Bild, das du da gemalt hast!", "Klar will ich hören, was du auf der Blockflöte geübt hast!", "Du willst Fennistik studieren? Doch, doch, super Idee, das Studium unterstütze ich gerne!". Doch das Geheuchel setzt schon früher ein, als ich vermutet hätte, viel früher. Denn die besorgte Mutter meinte, ich dürfe beim Windeln wechseln keinesfalls meine Abscheu vor der Kacke zum Ausdruck bringen. Das Baby könne ja nicht unterscheiden, ob meine Abneigung der Kacke oder ihm gilt, und es wäre womöglich traurig, weil es meinte, ich würde es plötzlich nicht mehr mögen. Also egal, wie viel Scheiße es produziert hat, ich lächle tapfer und tue, was getan werden muß. Das fühlt sich nicht gut an. Doch ich finde Trost und Kraft, wenn ich mir dabei in Erinnerung rufe, daß ich nicht alleine bin mit meinem Leid. Denn wie muß sich ein Herr Mascolo vom Spiegel gefühlt haben, als er Sarrazins Deutschland schafft sich ab im Vorabdruck brachte? Oder Herr Di Lorenzo bei seinem Interview mit Guttenberg? Wie mag Herr Kister von der Süddeutschen empfunden haben, als er Grass' Gedicht Was gesagt werden muss abdruckte? Sie alle taten tapfer lächelnd das, was getan werden mußte. Nicht für den Leser, aber für sich selbst. Denn ohne ihren Einsatz hätte es die öffentlichen Diskussionen über aussterbende Deutsche, wiedergängerische Wettertannen und verwirrte alte Nobelpreisträger nicht gegeben. Nicht, daß diese Diskussionen für die Öffentlichkeit nötig gewesen wären! Was waren denn meine persönlichen Erkenntnisse, nachdem ich wochenlang die Angelegenheiten verfolgt hatte? Ist man nur skrupellos genug, dann kann man in Deutschland als schreibender Hobbygenetiker auf Migrantenkosten reich werden. Es gibt tatsächlich Menschen, die einer reizenden indischen Augenärztin in den USA bedürfen, da sie sonst nicht bemerken, daß sie auch ohne Brille sehen können. Geplapper wird dadurch zum Gedicht, daß man es linksbündig, mit zweifachem Zeilenabstand und mit einem Zeilenumbruch nach jedem Halbsatz niederschreibt. All das sind nicht gerade überwältigende Einsichten. Nein, der Leser hätte gut auf all diese Veröffentlichungen verzichten können. Doch womit hätten die Zeitungen sonst wochenlang ihre Seiten gefüllt, wenn nicht mit der Diskussion um ihre eigenen Beiträge? Da habe ich es eigentlich sogar noch besser als genannten Herrn. Denn für mich hat das in die Scheiße lächeln schon bald wieder ein Ende. Will man dagegen den öffentlichen Diskurs (auf sich selbst) lenken, dann muß man es immerfort, wieder und wieder tun. Und Säue, die es kaum abwarten können, sich endlich auch durchs Dorf treiben zu lassen, von denen gibt es ja noch genug! Mann, da steckt man aber echt drin, in der Scheiße...

Freitag, 6. April 2012

Nageln ohne Nagel

Im SZ-Magazin gibt es ein Interview mit dem Mediziner Gerd Overbeck, der zusammen mit dem Jesuiten Ulrich Niemann Menschen untersucht hat, die von Stigmata, den Wundmalen Christi am eigenen Körper, betroffen sind. Denn:
"Es gibt Menschen, die an Ostern die Kreuzigung am eigenen Leib empfinden und dann tatsächlich aus Händen und Füßen bluten."
Und wie kann das sein?
"Die klassische Antwort ist: Das sind entweder Betrüger oder Verrückte."
So ist's wohl. Und was war dann ihr Forschungsansatz?
"Wir wollten aber zeigen, dass es dazwischen verschiedene Übergangsformen gibt, die mal mehr, mal weniger krankhaft sind."
Ach so. Es hatte jemand angezweifelt, daß es in dieser Welt jede Menge mal mehr, mal weniger kranke Übergangsformen zwischen Betrügern und Verrückten gibt? Na dann - weiter forschen!

Aber erst mal Frohen Karfreitag!

Donnerstag, 5. April 2012

Flaschenvergleich

Vergleichen wir mal diese beiden Babytrinkflaschen. Der Einfachheit halber nennen wir sie mal "Flasche D" und "Flasche F":


[1] Der Fuß von Flasche F ist an den Seiten abgerundet. Dadurch ist es der Flasche unmöglich, auf unsicherem Untergrund, etwa einer Matratze, zu stehen. Dank des gerade Fußes hat Flasche D damit keinerlei Probleme.

[2] Am Fuß der Flasche F ist ein Plastikteil aufgesetzt, das nicht dicht mit dem Flaschenkörper abschließt. Dadurch dringt beim Erwärmen der Flasche im Wasserbad Wasser zwischen Flaschenkörper und aufgesetztem Fuß, welches beim Umdrehen der Flasche während des Fütterns nach und nach wieder herausfließt. Flasche F kann man nach dem Erwärmen im Wasserbad nur benutzten, wenn man sie in ein Tuch wickelt. Bei Flasche D entfällt dieses Problem offensichtlich.

[3] Die Skala zum Ablesen des Füllstands ist bei Flasche F sehr klein und in einem blassen Orange gehalten. Dadurch ist es sehr schwer, die vom Baby getrunkene Menge zu bestimmen, wenn man nachts im nur schwach beleuchteten Schlafzimmer füttert. Die große Beschriftung in Schwarz auf Flasche D verursacht in dieser Hinsicht keinerlei Probleme.

[4] Das Abdeckplättchen zum Verschluß der Flasche ist bei Flasche F höchstens halb so dick wie bei Flasche D. Dadurch konnte es sich nach einigen Wochen des Gebrauchs leicht verformen. In der Folge verschließt es die Flasche nicht mehr dicht und man kann die Flasche bei der Zubereitung der Milch nur noch Schütteln, wenn sie zum Schutz der Küche in ein Handtuch wickelt wurde. Flasche D zeigt auch nach intensivem Gebrauch bislang keinerlei Anzeichen von nachlassender Dichtigkeit.

[5] Die Abdeckkappe der Flasche F ist nicht hoch genug, um einen Nuckel aufzunehmen. Dadurch ist der Nuckel bei verschlossener Flasche ständig verformt. Das Aufsetzen der Abdeckkappe muß gegen einen größeren Widerstand erfolgen, und wenn Kappe nicht fest aufgedrückt wird, dann sprengt der verformte Nuckel sie wieder ab. Die Abdeckkappe von Flasche D bietet selbst großen Nuckeln noch genug Raum.

Im Gegensatz zu Flasche D finden sich bei Flasche F also gleich fünf Designfehler - und das bei ganzen fünf Einzelteilen der Babyflasche! Eine durchaus erstaunliche Versagensquote.


Was gesagt werden muss

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
ein wachsend inkompetentes Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letztem Pixel:
Flasche F ist rein
zufällig das Modell
eines französischen Herstellers.

Dienstag, 3. April 2012

Wenn's nach dem Tod erst richtig losgeht

Legt Schwachstellen der Revolution offen: Zombiefilm

Fast eine Woche lang habe ich hier schon nichts mehr geschrieben! Aber heute Morgen, da bin ich aufgewacht und ich dachte gleich: Mensch, heute schreibst du aber mal was richtig Gutes für dein Blog! Mal so was Intellektuelles, nicht wieder das übliche Geplapper. Da muß mal so richtig Content in das vom großen bösen Google gepowerte Blog geblasen werden!
Und dann viel mir den ganzen Tag lang nichts ein, worüber mir etwas zu schreiben eingefallen wäre. Heute Abend wollte ich mir dann frustriert durch die Angst vorm leeren Bildschirm zur Entspannung noch mal das Ende der zweiten Staffel von The Walking Dead ansehen. Doch gerade als Hershel die großen Wummen und ich das zweite Bier hervor holen, und die Spannung des bevorstehenden großen Zombiemassakers förmlich zwischen den Bildschirm-LEDs knistert, da meint meine Frau zu mir: "Ich glaube, ich werde nie verstehen, was du an diesem primitiven, hirnlosen Zombiekram findest." Da war natürlich sofort klar, worum es im intelligenten Content gehen muß - um Zombiefilme! Es wird höchste Zeit, mit den Vorurteilen über diese Filme aufzuräumen! Etwa, daß sie hirnlos seien (Haha, Hirn gibt's da jede Menge!), daß sie alle gleich wären (Quatsch, oder vielmehr, natürlich sind sie das, aber dann sind es Liebesfilme auch. Nicht umsonst faßt man so was ja zu einem Genre zusammen.) und daß sie nur als Hintergrund für widerliche Splatter- und Gore-Effekte dienen (Klar. Aber mal ehrlich, wenn nur genug Zombies in die Story eingebaut worden wären, dann hätte man sich selbst einen Film wie Pretty Woman mit Spaß ansehen können!). Nun aber los, blicken wir mal ganz ernsthaft, am vergeistigt Brillenbügel kauend auf die kulturgeschichtlichen Kontexte es modernen Zombiefilms!
So viel mehr als nur derangierte Organe: Der Schrecken
 der Zombies.
Das erste Mal erhob sich der moderne Zombie 1968 in George Romeros Film Night of the Living Dead von seinem Untotenbett. Waren Zombies zuvor einzelne, willenlose Individuen, so wurden sie hier erstmals zur vom primitiven Verlangen nach Menschenfleisch angetriebenen Horden von Untoten. Und schon das Erwachen der Zombiemassen in gesellschaftlich bewegten Jahren scheint die Standardinterpretation des Zombiefilms zu bestätigen. Die Horrorfigur des Zombies bildet demnach gewissermaßen das lumpenproletarische Gegenstück zum aristokratischen Vampir. Während der adlige Vampir als charismatisches, unabhängiges Individuum der Gesellschaft als byronscher Held gegenübersteht, so bilden die Zombies eine verwahrloste, nur auf die Befriedigung elementarer Bedürfnisse ausgerichtete anonyme Masse. Ihnen gegenüber stehen die letzten überlebenden Menschen, in Dawn of the Dead symbolträchtigen Überfluß eines Einkaufzentrums verschanzt. Doch es ist klar, daß deren abgeschottete, privilegierte materielle Situation der gegen den Ansturm der darbenden Masse keinen Bestand haben kann. Gegen die verwahrloste Masse läßt sich der Wohlstand weniger nicht verteidigen, und früher oder später werden sie Zombiehorden auch die letzten Bastionen des Luxus mit sich in den Abgrund reißen. Bei einer solchen sozial- und kapitalismuskritischen Betrachtungsweise wird auch klar, worin der Grund für das langsame Voranschreiten der Revolution der Zombies liegt. Wären sie nur intelligenter, sich ihrer Lage bewußter - eben ein organisiertes Proletariat anstatt dieses Lumpenproletariats, sie könnten durch planvolleres, gezielteres Handeln aufgrund ihrer großen Zahl alle Widerstände im Handumdrehen ausräumen. Hier zeigen Zombiefilm die Mißstände der Weltrevolution auf!
Nun wird man einwenden wollen, daß die Masse der Zombies als Horrorfigur kaum als Gegenstand proletarischer Identifikation taugt. Doch auch dieses Mißverhältnis wird dadurch aufgelöst, daß die Überlebenden der Zombieapokalypse nie strahlende Helden sind, im Gegenteil oft sogar ausgesprochen unsympathische Charaktere (man denke nur an die Wachleute in Dawn of the Dead, den versoffenen Filmprofessor in Diary of the Dead, und so fort). Sie handeln nur zu oft selbstsüchtig, gierig und unsozial und sind damit moralisch den Zombies keinesfalls überlegen. Im Gegenteil, die aus ihrer, der Masse gegenüber privilegierte Position folgende Möglichkeit moralischer Einsicht macht ihr Handeln ethisch verwerflicher als das der Zombiemassen.
Doch kann eine solche sozialkritische Interpretation den Zombiefilm erschöpfend ausleuchten? Mitnichten! Eine ganze Dimension der Zombieapokalypse bleibt bisher vollkommen unberücksichtigt. Denn George Romeros Werk stellt nicht die Erfindung, sondern allenfalls die Wiederentdeckung der Zombieapokalypse dar. Blicken wir zurück zu den frühesten Anfängen der Weltliteratur. Als im Gilgameschepos die Göttin Ischtar mit ihrem Rungebagger beim Helden Gilgamesch übel abblitzt, verlangt sie als Werkzeug ihrer Rache als verschmähte Geliebte den Himmelstier. Und um ihrer Forderung ihrem Vater gegenüber auch gleich Nachdruck zu verleihen, droht sie:
Schaffst du mir aber den Himmelsstier nicht,
So zerschlag ich die Türen der Unterwelt,
Zerschmeiß' ich die Pfosten, laß die Tore weit offenstehn,
Laß ich auferstehn die Toten, daß sie fressen die Lebenden,
Der Toten werden mehr sein denn der Lebendigen!
Das Motiv der Zombieapokalypse findet sich also bereits im ersten Großepos der Weltgeschichte! Somit kann man vermuten, daß wir es hier mit menschlichen Urängsten zu tun haben, die weit über die Sozialkritik des 20. Jahrhunderts hinaus reichen. Und da verwundert es auch nicht, daß wir alle zum tieferen Verständnis des modernen Zombiefilms benötigten Begrifflichkeiten bereits fast zwei Jahrzehnte vor dessen Entstehung ausgearbeitet vorfinden - in Elias Canettis 1960 erschienenen Werk Masse und Macht.
Im Zombiefilm finden wir die grundlegenden Elemente menschlichen Masseverhaltens, wie es Canetti beschreibt, geradezu prototypisch vorgeführt. Die große Masse bilden hier natürlich die Zombies. Die vier Merkmale der Masse, sie alle finden sich klar bei ihnen wieder. Der Hang, als Masse zu wachsen, bis sie die gesamte verbliebene Menschheit umfaßt. Den Hang zur Dichte, wenn sich die Zombies um ihre Opfer zusammendrängen. Den Hang zur Gleichheit, denn unter Zombies ist jede Individualität bis zur völligen Gleichheit ausgelöscht. Und die Notwendigkeit einer Richtung der Masse, die durch die Jagd auf die letzten verbliebenen Nichtmitglieder der Masse besteht. Die Zombiemasse wird zum Prototypen der Hetzmasse bei Canetti. Und als solche Masse zeigen die Horden der Zombies auch den für die typischen Drang, alle nicht zur Masse Gehörenden entweder zu assimilieren oder zu vernichten. Denn es sind die verbliebenen Individuen, die der Masse Alternativen aufzeigen und sie dadurch in ihrer Existenz bedrohen. Erst durch diesen massetypischen Drang zur Vernichtung abweichenden Verhaltens wird das ansonsten unverständliche Verhalten der Zombies begreifbar. Etwa, daß Zombies nur selten Aggressivität gegen Tiere an den Tag legen (In Dawn of the Dead wird gar ein Hund als Bote eingesetzt, da die Zombies keinerlei Interesse an ihm zeigen), und niemals gegen andere Zombies. Und auch die Tatsache, daß Zombies die verbliebenen Menschen fressen wollen, obwohl Menschen ansonsten nicht zum menschlichen Speiseplan gehören, wird verständlich. Das Verspeisen seiner Widersacher stellt die grundlegendste, endgültigste Form der Vernichtung dar, weshalb Kannibalen ihre Feinde ritualisiert verzehrten. Die Zähne, typischerweise die einzige Waffe der Zombies, beschreibt Canetti in ihrer Härte und Regelmäßigkeit als das furchteinflößendste Symbol menschlicher Macht.
Die Überlebenden der Zombieapokalypse auf der anderen Seite dagegen stellen keine Masse dar, sondern das, was Canetti als "Meute" bezeichnet. Sie sind eine Gruppe von vielleicht einem Dutzend Individuen, denen das wichtigste Merkmal einer Masse verwehrt beleibt: die Möglichkeit zu wachsen. Sie haben keine Chance, Zombies zurück auf ihre Seite zu ziehen und sehen sie so ständig von der Auslöschung bedroht.
Die Bedrohung der Meute von Überlebenden erfolgt dabei von zwei Seiten. Zum einen durch die Masse der Zombies, die nach ihrer physischen Auslöschung durch Zerreißen und Verspeisen trachtet. Doch zum anderen auch durch den einzelnen Zombie, der nicht als Teil der Masse auftritt, sondern im Schatten lauert, aus dem Gebüsch hervorspringt und unvermittelt ein Mitglied der Horde angreift. Dieser Angriff erfolgt typischerweise gerade dann, wenn ein Mitglied der Meute für sich alleine ist. Zwar kann dieser Angriff in der Regel aufgrund des primitiven Verhaltens des Zombies abgewehrt werden, doch kann der Zombie mit einem Biß einen Überlebenden selbst zum Zombie verwandeln. Hier steht der Einzelne, wenn er alleine ist, vor der Gefahr, gegen seinen Willen dem Sog der Masse nicht widerstehen zu können und unweigerlich ein Teil von ihr zu werden. Für die Horde als Ganzes repräsentiert er die Bedrohung, die Eigenen an die Masse der Anderen zu verlieren, selber geschwächt zu werden und die Anderen gleichzeitig zu stärken. Die Ethnologie hat gesehen, daß Meuten angesichts des unvermeidbaren Verlusts eines Mitglieds an die Toten den Sterbenden zu besänftigen versuchen, indem sie ihn so lange wie möglich bei ihnen behält und möglichst heftig beklagt. Auf diese Weise soll sei Totengeist gutmütig gestimmt werden, auf das er als einer der Anderen den Überlebenden nicht schaden möge. Durch den Verlust jeder Individualität ist ein solches Besänftigen eines künftigen Zombies sinnlos. Daher ist es nur folgerichtig, daß das Verhalten der Meute einem Zombieinfizierten gegenüber die ganze Bandbreite möglichen Verhaltens abdeckt - vom langen nicht hergeben wollen (man denke nur an Andrea und Amy in The Walking Dead) bis hin zum sofortigen Eliminieren (z.B. Selena und Mark in 28 Days Later).
Man sieht also, Zombiefilme beschreiben detailliert und konsistent grundsätzliche menschliche Phänomene. Bleibt als offener Punkt noch allein die brutale Gewalt und ausgeprägte Körperlichkeit des Zombiefilms. Doch wenn wir ehrlich sind, ohne den perversen Folterapparat wäre Kafkas In der Strafkolonie auch nur halb so prickelnd!

Bevor ich nun aber das verdiente dritte Bier hervor hole, noch einmal schnell zurück zum Content. Dieser Text verwurstet zwar das die sechste Tafel des Gilgameschepos, übersetzt von Albert Schott und selber auf Vorformen zurück greifend, Masse und Macht von Elias Canetti, jede Menge Wikipedia, das versteht sich ja von selbst, und außerdem noch eine Menge von dem, was ich irgendwann mal irgendwo gelesen oder gehört habe, und dessen Quelle ich beim besten Willen nicht mehr angeben kann. Trotzdem ist dieser Text aber natürlich mein geistiges Eigentum und muß als Sprachwerk geschützt sein. Eine Schutzfrist von 70 Jahren nach meinem Tod scheint mir da schon angemessen. Schließlich will ich ja auch als Zombie auf ein anständiges Auskommen bauen können. Und nicht zu Ernährungszwecken jeder vor mir fliehenden menschlichen Leber hinterher torkeln müssen.