Sonntag, 29. Dezember 2013

Hegel-Preis für die Mißachtung der Logik 2013

Das Jahr 2013 neigt sich seinem gefühlt längst überfälligen Ende entgegen, und plötzlich jagt ein Höhepunkt den nächsten: Erst der Jahresrückblick mit Günther Jauch, dann die Weihnachtsansprache von Präsident Gauck, und jetzt hat DWüdW die Ehre, das vierte Jahr in Folge den Hegel-Preis für die Mißachtung der Logik auszurichten!

Wieder einmal sind die ehrenwerten selbst erklärten Experten der Hegel-Preiskomitees (d.h. ich) ausgeschwärmt, um die beeindruckendsten und faszinierendsten Leistungen des Jahres im Bereich der Mißachtung von Logik, Kausalität oder schlicht gesundem Menschenverstand aufzuspüren. Und der Eindruck dieses Jahr war nur zu klar: 2013 war ein schwaches Jahr für den Mißbrauch der Logik! Denn anstatt die eigene Weltanschauung durch das Schänden der Logik umständlich an die Realität anzupassen, wurde immer öfter zur schlichten und einfachen Verleugnung der Realität gegriffen. Innenminister Friedrich z.B. fantasierte sich einfach einen neuen Artikel Eins des Grundgesetzes zurecht ("Supergrundrecht Sicherheit"), Kanzlerin Merkel erklärte sich schlicht für nicht zuständig. Selbst die Katholen, eigentlich ja traditionell sehr stark in der Mißachtung der Logik, werden der Anstrengungen müde und greifen lieber gleich zu einer falschen eidesstattlichen Versicherung, statt lang zu erläutern, weshalb man in der First Class Gott noch näher ist. Doch doch, der Trend geht eindeutig weg von der Mißachtung der Logik, hin zur Mißachtung der Realität. Und es ist eine betrübliche Entwicklung, wenn wir uns nicht einmal mehr verpflichtet fühlen, wenigstens den Anschein von Vernunft aufrechtzuerhalten. Denn die schöne und hohe Kunst der pervertierten Schlußfolgerung ist bedroht. Um so wichtiger ist der Hegel-Preis für die Mißachtung der Logik 2013, der zumindest die Aufmerksamkeit weckt für das, was eigentlich alles möglich ist!

Und hier sind sie damit auch endlich, die Nominierten für den Hegel-Preis 2013:


Kandidat A: Weihbischof Andreas Laun, Experte für Schwulenspiele
Nachdem das Team RKK im vorigen Jahr trotz kunstvoll aufgetürmter Scheiße die Jury nicht so recht zu überzeugen vermochte, versucht es dieses Jahr der Herr Weihbischof Laun mit einem kleinen, schlichten, aber sehr schönen Anlauf. Mit einem Anlauf, der zurück zu den Wurzeln der Logik führt, zu dem, was logica utens genannt werden kann. Gemeint ist die intuitive, dem menschlichen Verstand allgemein innewohnende Vorstellung davon, was logisch und vernünftig ist, und was nicht.
Eine der wichtigsten und von allen Menschen intuitiv beherrschten Techniken dieses natürlichen Logikverständnisses ist besteht darin, eine ungewohnte logische Folgerung auf Richtigkeit zu prüfen, indem man die ungewöhnlichen Prämissen durch einfache, vertraute Prämissen ersetzt, die innere Struktur der Argumentation aber ganz unverändert lässt. Dann prüft man, ob die Schlußfolgerung in diesem vertrauten Fall intuitiv einleuchtet oder nicht. Es ist diese einfache Technik, die Herr Laun bemüht, als er am 2. April 2013 auf kath.net "Klartext" schrieb:
"Unseren lieben homosexuellen Mitbürgern sei gesagt: Man kann Ehe spielen so viel man will, aus der Verbindung zweier Männer oder zweier Frauen wird auch durch langes Spielen keine Ehe, auch nicht durch Umbenennung! Auch wenn man den Mond „Sonne“ nennt, er bleibt Mond und sollte auch so benannt werden. Ihn nicht „Sonne“ zu nennen, ist keine Diskriminierung des Mondes."
Das Problem ist nun, diese Technik funktioniert nur dann, wenn die Struktur des durch eine einleuchtende Analogie zu prüfenden Arguments völlig identisch bleibt. Nun kann ein Mensch grundsätzlich zweifellos Opfer einer Diskriminierung sein. Doch ist ein Verhalten denkbar, durch das der Mond diskriminiert wird? Wenn nicht, dann verbietet sich das Launsche Argument von vornherein, denn dann kann es ja nichts anderes als negative Ergebnisse hervorbringen.
Wir können die astronomische Analogie aber auch noch ein bisschen weiter treiben. Seit 2006 wird der Pluto durch Beschluß der Internationalen Astronomischen Union nicht mehr als Planet betrachtet. Und zwar, ohne daß irgendein Astronom annehmen würde, Pluto hätte sich durch den Beschluß verändert, und nicht etwa die Auffassung davon, was ein Planet sei. Wenn nun Herr Bischof Laun meint, die Menschen müssten sich ändern, wenn man gleichgeschlechtliche Partnerschaften als Ehe zählt, und nicht die Auffassung davon, was eine Ehe ist - bedeutet das, daß für die schwer schuftenden Arbeiter im Weinberg des Herrn Pluto für alle Zeiten ein Planet bleiben muß?
So zeigt Herr Laun, wie man auch die einfachste und von nahezu allen Menschen intuitiv beherrschte logische Technik noch so verdrehen kann, auf das auch die größte Grütze noch den Anstrich von Sachlichkeit bekomme. Natürlich würde DWüdW einem der Wahrhaftigkeit verpflichteten Mann Gottes niemals unterstellen, absichtlich, geradezu bösartig Dinge zu verdrehen, um Menschen zu täuschen. Es bleibt ja noch die schiere Blödheit als Erklärung für Herrn Launs Ausführungen. Eine Nominierung für den Hegel-Preis 2013 gibt's aber so oder so!


Kandidat B: Franz Josef Wagner, Experte für Agentenspiele
Ja - diese Nominierung wird zunächst auf Widerwillen stoßen. Franz Josef Wagner für die Mißachtung der Logik auszeichnen - was soll als nächstes kommen? Bekommt ein Goldfisch einen Preis fürs Dauertauchen? In diesem Falle hat sich das Preiskomitee aber doch für eine Nominierung entschlossen, und zwar für einen keinen logischen Fehler in nur sechs kurzen Worten. Denn die Perfidie, die sich hinter diesem kleinen, flotten Schandakt an der Logik verbirgt, raubt einem beinahe die Sprache. Das nominierte Zitat aus der "Post von Wagner" an Edward Snowden vom 10. Juni 2013 lautet:
"Ich bin lieber überwacht als tot."
Der logische Fehler ist simpel, wie es von Herrn Wagner ja auch zu erwarten ist. Es ist die falsche Disjunktion: Es werden zwei Alternativen A und B aufgestellt, ohne zu beachten, daß es sich keineswegs um zwei sich gegenseitig ausschließende und alle möglichen Optionen umfassenden Alternativen handelt. So könnte es ja durchaus Menschen geben, die überhaupt nicht überwacht werden, und trotzdem am Leben bleiben. Oder Menschen, die komplett überwacht sind, und dennoch Gevatter Tod anheimfallen. Doch die Drohung, würde die Obrigkeit uns alle nicht überwachen, unsere E-Mails lesen, unsere Telefonverbindungen aufzeichnen, wir würden des Terrortodes sein - sie wird uns immer noch von Politikern und Sicherheitskräften aufgetischt, und das durchaus mit einem gewissen Erfolg. Herrn Wagner aber gebührt die Ehre, dank seines schlichten Gemüts den ganzen absurden Wahnwitz des Überwachungsarguments auf den blödsinnigen Punkt gebracht zu haben. Und dafür wird er mit einer Nominierung für den Hegel-Preis geehrt, ob nun grundsätzlich überqualifiziert oder nicht!


Kandidat C: Verein "Aktion: In jedes Haus", Experten für Gedankenspiele
Der Hegel-Preis ist strikt überkonfessionell, daher gibt es auch in diesem Jahr wieder eine Nominierung für die evangelische Seite des Schwachsinns. Dabei hat sich das Preiskomitee entschlossen, erstmals nicht eine natürliche Person zu nominieren, sondern einen eingetragenen Verein, den Verein "Aktion: In jedes Haus". Dieser Missionierungshaufen bettelte auf seiner Website geradezu um eine Nominierung mit seiner Aufforderung "Testen Sie Ihr logisches Denken". Hat das Preiskomitee getan! Was unter dieser Überschrift zu finden war, ist aber nur eine modernere Formulierung der jahrhundertealten und logisch hinreichend kritisierten Pascalschen Wette. Trotzdem gibt es für den alten Hut eine frische Nominierung! Den man lernt etwas für alle Zeiten Wichtiges daraus:
"Wenn es Gott aber gibt und die Bibel sein Wort ist, dann stellen Nichtbeachtung und Gleichgültigkeit für jeden Menschen ein unverantwortliches Risiko dar."
Testen wir unser logisches Denken: wenn es Gott gibt und aber der Koran sein Wort ist, oder das Buch Mormon, oder die Tora, dann bin ich als Christ sowas von erledigt. Daraus folgt: Für zufrieden stellendes logisches Denken ist es unbedingt anzuraten, nach dem Erreichen des gewünschten Ergebnisses mit dem Denken sofort aufzuhören! Dieser kleine Tipp für ein selbstgerechtes Leben ist doch eine Nominierung wert!


Kandidatin D: Alice Schwarzer, Expertin für Nuttenspiele
Niemals hätte ich erwartet, eines Tages einmal Alice Schwarzer unter den Nominierten für den Hegel-Preis für die Mißachtung der Logik zu finden! Schließlich tritt die Mißachtung der Logik, genauso wie ihre Beachtung, ausschließlich im argumentativen Umfeld auf. Und um Argumentationen mach Frau Schwarzer für gewöhnlich einen weiten Bogen und begnügt sich lieber mit dem Meinunghaben. So sind ihre Ausführungen normalerweise eine Aneinanderreihung von Feststellungen, wie die Welt (ihrer Meinung nach) ist, wie sie (ihrer Meinung nach) zu sein hat, und was (ihrer Meinung nach) dazu getan werden muß; unterbrochen wird die Aneinanderreihung allenfalls von ein paar mehr oder weniger frei erfundenen Fakten. Eindrucksvoll führte Frau Schwarzer dies zunächst in einem Interview mit der Welt vom 4. November 2013 vor. Es lohnt sich, einmal dort in ihre Ausführungen zur Prostitution hineinzusehen: Es gelingt ihr, quasi jedem außer sich selbst den Besitz von Moral abzusprechen und Frauen, die ihre sexuelle Selbstbestimmung nicht in ihrem Sinne ausüben, für psychisch gestört zu erklären und zu entmündigen. Kurzum, Frau Schwarzer bietet das volle Programm einer realitätsverlustigen Ex-Feministin an der Schwelle zur Alterssenilität. Logisch interessant wird es aber, als Frau Schwarzer die vorgeblich unerträglichen Zustände unter dem gegenwärtigen Prostitutionsgesetz mit statistischen Zahlen untermauert und auf den Einwand der Interviewer, die genannten Statistiken würden gar nicht existierten, deren Nichtexistenz als einen  Beleg für die Schlechtigkeit des Prostitutionsgesetzes sieht. Etwas gestrafft sieht die Argumentation dann so aus:
Die Welt: Sie haben das Prostitutionsgesetz der rot-grünen Regierung aus dem Jahr 2002 scharf kritisiert. Wie groß ist der Anteil dieses Gesetzes an der aktuellen Lage? 
Schwarzer: Es ist entscheidend. Dieses Gesetz wurde von Anbeginn an für Menschenhändler und Zuhälter gemacht, nicht für die Prostituierten. [...] Mit Selbstbestimmung hat das für 95 Prozent der Prostituierten nichts zu tun. [...]
[...]
90 Prozent aller Prostituierten wollen aussteigen – aber sie können es oft nicht.
[...]
Über 90 Prozent aller Prostituierten erlitten schon als Kinder Missbrauch.
[...]
90 Prozent des so genannten Frischfleischs, das in Deutschlands Bordellen angeboten wird, kommt heute aus Bulgarien oder Rumänien. 
Die Welt: Woher nehmen Sie solche Zahlen? 
Schwarzer: Die können Sie sehr leicht auch selber recherchieren. [...] 
Die Welt: Das haben wir auch getan. Wie unser Prostitutionsatlas zeigt: Es gibt keine verlässlichen Zahlen – nicht einmal darüber, wie viele Huren in einer Stadt arbeiten. 
Schwarzer: Ihre Statistik zeigt nur, wie ineffektiv selbst auf der Ebene das Prostitutionsgesetz ist. [...]
Das Prostitutionsgesetz ist schlecht, weil 90% der Prostituierten Rumäninnen und Bulgarinnen sind. Und weil nicht wissen, ob diese Behauptung überhaupt stimmt, ist es noch schlechter.
Schöner wird es dann noch in folgendem Abschnitt:
Schwarzer: [...] Prostitution ist die hässliche Fratze des strukturell ungleichen Verhältnisses zwischen den Geschlechtern. 
Die Welt: Warum der Geschlechter? Prostitution gibt es auch unter Männern, und auch Frauen gehen zu männlichen Prostituierten. 
Schwarzer: Es ist in der Tat keine Frage des biologischen Geschlechtes, sondern eine des Machtverhältnisses, in dem Menschen zueinander stehen.
Das Verhältnis der Geschlechter wird wohl noch lange gestört bleiben: Frauen werden nur unterdrückt und Männer unterdrücken nur. Denn jeder, der wenig Macht hat, ist weiblich. Und jeder, der über Macht verfügt, ist männlichen Geschlechts - Geschlechtsorgane hin oder her.
Doch, mit diesem Interview hat sich Alice Schwarzer ihre Nominierung für den Hegel-Preis wahrlich verdient!

Und nun sind die DWüdW-Leser gefragt, denn wie immer entscheiden sie darüber, welcher der Nominierten mit dem Hegel-Preis für die Mißachtung der Logik ausgezeichnet wird! Die Abstimmung findet sich oben rechts in der Sidebar!

Die Abstimmung läuft wie immer bis Ende Januar, und Anfang Februar wird die Auszeichnung in einer reich imaginierten Zeremonie dem glücklichen Gewinner überreicht!

Sonntag, 24. November 2013

Sonntag, 27. Oktober 2013

Philosophie des Ballermanns

"Unter den strittigen Fragen, wie Eigennamen nun genau funktionieren, ist beispielsweise: Von welchen Ausdrücken kann denn gerade angenommen werden, daß sie überhaupt Eigennamen darstellen?"
Susan Haack, Philosophy of Logics

"Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache. Und die Bedeutung eines Namens erklärt man manchmal dadurch, daß man auf seinen Träger zeigt."
Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen


Endlich wieder zurück aus dem Urlaub! Familienurlaub auf Mallorca. Und nicht, daß jemand denkt, wir wären mit einem Mietwagen über die Insel gekarrt und hätten uns Olivenbäume mit halbverfallenen Windmühlen daneben angeguckt und irgendwas vom "wahren Mallorca" fabuliert! Nein, S'Arenal, Strandnähe. Ballermann. Die ganze Zeit. Gut, es ist ja nun nicht mehr Saison und recht ruhig da, sonst hätte ich es wohl kaum dort ausgehalten. Aber so habe ich den Ort - ich war das erste Mal dort - schon fast ein kleines bisschen sowas wie ins Herz geschlossen.
Zuerst war ich schon etwas irritiert vom Eindruck, ins RTL2-Programm versetzt worden zu sein: Besoffene Touristen am Strand; Tussis, die lauthals am Handy von der wahren Liebe jener Herren schwadronieren, die ihnen Geld geboten hätten, auf das sie bei ihnen blieben; schmerbäuchige Goldkettenchenträger, die Zwergpudel spazieren führen.
Aber dann fiel mir der Gegenpol zu dieser Welt ein, wie ich ihn vom benachbarten Festland her kenne: jene frühpensionierten Oberstudienratspaare mit Gaudí-Reiseführer, die durch Barcelona latschen und vor jedem Haus mit zu schwülstiger Fassade mit kultiviertem Kennerblick stehen bleiben und sich wohl tatsächlich einbilden, irgendwie dem "Authentischen" auf der Spur zu sein.
"Also, mein Schwiegersohn sagte ja zu mir: 'Hannelore, also Hannelore, den 'Mercat de la Boqueria', den MUSST. DU. GESEHEN. HABEN."
Und auf Malle muß man im "Oberbayern" gewesen sein. Beziehungsweise, muß man beides nicht. Aber wenn man sich gerne zu schlechter Musik besäuft, dann ist das "Oberbayern" wahrscheinlich ein guter Tipp. Und wenn man Obststände für ein bemerkenswertes Zeugnis ach so südländischer Exotik und Lebensfreude hält, dann ist der Markt La Boqueria nicht schlecht.
Ich finde beides gleichermassen bescheuert. Aber im Gegensatz zur bürgerlichen Reise mit ihrem affektierten Kultiviertheitsgehabe will der Ballermann gar nicht erst so tun, als sei er etwas besseres. Und es ist diese entwaffnende, unarrogante Ehrlichkeit, die sogar ein klein wenig Symphatie in mir geweckt hat!
Dennoch, es bleiben hier einige Erlebnisse der Reise aufzuarbeiten.

Am Nachbartisch des Cafes mit Blick aufs Meer sitzt eine andere Familie mit Kind. Es ist ein vielleicht dreijähriger Junge, der gelangweilt zwischen den metallenen Beinen der vielen freien Stühle umherschweift und, bei anderen Gästen angekommen, auf der Suche nach Unterhaltung deren Tische zu inspizieren versucht. Schließlich an unserem Tisch eingetrudelt, bietet er seinen Schnuller freundlicherweise einem der unseren Kinder zum Probieren an. Um unauffällig die Aufmerksamkeiten der Beteiligen in andere Bahnen zu lenken, wird der Junge gefragt, wie er denn heiße. Die Antwort ist ein schnelles, jeden Eindruck eines Zweifels ausschließendes: "Hasi!"
Eine Dame vom Nachbartisch, vielleicht seine Großmutter, dreht sich über ihren deutschen Filterkaffee herüber und meint mit leicht peinlich berührten Ton zu dem Kind: "Also, so ganz stimmt das jetzt ja nicht..."

Und da fragt man sich doch jetzt, wenn jemand spricht und das Wort "Hasi" benutzt und der Junge daraufhin reagiert und sich benimmt, als sei er angesprochen worden - kann man dann nicht mit Fug und Recht behaupten, daß "Hasi" tatsächlich der Name des Kindes ist?

Dienstag, 8. Oktober 2013

Wahrhaft schockierende Bilder

Heute hat das EU-Parlament endlich beschlossen, durch eklige Schockbilder auf Zigarettenpackungen das Rauchen unsexy zu machen. Das kann DWüdW nur begrüßen! Schließlich gehören die Macher von DWüdW selbst zu jenen Zeitgenossen, die ihre Mitmenschen gar nicht penetrant genug dazu antreiben können, endlich genauso vernünftig, gesund und glücklich zu sein wie sie selbst!

Nur - warum immer nur irgendwelche medizinischen Bilder von (Teilen von) Menschen, die aussehen, als seien sie vor 30 Jahren mit nichts als drei Containern Tabakwaren auf einer einsamen Insel gestrandet? Die abstoßenden Folgen des Rauchens reichen doch weit über medizinische Probleme hinaus! Um einer breiten Abschreckung willen wäre eine größere thematische Breite bei der Auswahl der Schockbilder für Zigarettenpackungen dringend geboten!
DWüdW macht schon mal ein paar schockierende Schockbildvorschläge. Selbstverständlich zur freien Verfügung der Tabakindustrie und EU-Politik!





Sonntag, 29. September 2013

Verein Deutsche FormelSprache

Der Verein Deutsche Sprache (VDS) kümmert sich um wichtige Probleme. "Sprache ohne Sprachkultur ist für mich etwas Monströses", nennt es das bekannte VDS-Mitglied Prof. Dr. Dr. hc Harald Weinrich, wenn er und der VDS sich in den Kampf gegen das kulturbefreite Sprechen werfen. Und dabei z.B. den Duden dafür schelten, Wörter ins Wörterbuch aufzunehmen, die von Sprachkulturlosen tatsächlich verwendet werden, und nicht Wörter, von denen der VDS möchte, daß sie verwendet werden.
DWüdW hat diese Tätigkeiten ja immer sehr wohlwollend verfolgt. Eine Mischung aus Dilettantismus, permanenten Genöles und Wichtigtuerei - DWüdW und der VDS sind wahrlich Geschwister im Geiste! Richtige Begeisterung kam bei DWüdW dann aber auf, als sie von einem Bekannten auf eine VDS-Aktion "Klares Deutsch in der Wissenschaft" aufmerksam gemacht wurde!
Großartig! Wie sehr wird die Wissenschaft, von jeher durchdrungen von griechischen, lateinischen und jetzt auch noch englischstämmigen Begriffen, profitieren, wenn erst man klares Deutsch feierlich Einzug hält! In der Praxis sieht es hier aber beim VDS noch traurig aus. Außer einer Handvoll Übersetzungen von Standardvokabeln aus dem Englischen ins Deutsche findet sich hier nichts auf den Weltweit-Netz-Seiten des VDS. Auf jeden Fall nichts Nennenswertes. Auf kompetente Hilfe etwa bei der Frage, ob ein deutscher Wissenschaftler mit einem Gefühl für Sprache und Kultur statt "Killing vector field" besser vom "Vektorfeld des Todes" reden sollte oder nicht - man sucht sie vergeblich. Noch schlimmer allerdings ist, wie ein ganzer Bereich der Wissenschaften komplett ausgeblendet wird - die Formeln und Gleichungen! DWüdW wird daher selbst aktiv mit der Aktion "Verein Deutsche FormelSprache" (VDFS) - und tritt dafür ein, Formeln und Gleichungen endlich auf gut Deutsch zu schreiben!

Worum geht es dem Verein Deutsche FormelSprache?
In den meisten Wissenschaften gehören Formeln der einen oder anderen Art zum Arbeiten einfach dazu. Dagegen ist auch vonseiten des VDFS nichts einzuwenden. Bedenklich wird es erst, wenn diese Formeln mit kulturfremden Symbolen, Ausdrücken und Zeichen ausstaffiert werden, die geeignet sind, traditionelle deutsche Symbole zu verdrängen.
Durch die Ersetzung angestammter deutscher Symbole und Formelzeichen leidet nicht nur die Lesbarkeit der Formel, auch das Lehren wird hierdurch aufgrund mangelnder Eingängigkeit unnötig erschwert. Zuletzt aber wird durch den Verzicht auf deutsche Formelzeichen das Deutsche in seiner Rolle als bedeutende Kultur- und Wissenschaftssprache unterminiert. Der VDFS wendet sich entschieden gegen die Erosion der deutschen Sprache in Formeln und Gleichungen und setzt sich für den uneingeschränkten Erhalt des Deutschen als bedeutende Kultur-, Wissenschafts-, Sport- und Quizshowsprache ein!

Wie sieht das konkret aus?
Zur Illustration der Arbeit des VDFS stellen wir Ihnen im Folgenden eine Reihe von ausgearbeiteten Beispielen aus der wissenschaftlichen Praxis vor.

Formel-Anglizismen aller Orten...
Physik:
Man kennt es noch aus der Schule, das Grundgesetz der Mechanik: Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Oder als Formel, wie sie in jedem Schulbuch der Physik zu finden ist:
   F = m · a
Doch warum wird die Kraft mit "F", von Englisch "force", abgekürzt? Und die Beschleunigung mit "a", für Englisch "acceleration"? Was spricht dagegen, auf gut Deutsch
   K = m · b
zu schreiben? Und lieber g statt v für Geschwindigkeit ("velocity"), L statt P für Leistung ("power"), d statt p für Druck ("pressure") und M statt m für Masse ("mass")?

Chemie:
In der Chemie steht "H" für das Wortungetüm "Hydrogenium". "O" steht für "Oxygenium". Was bitte ist denn schlecht an den schönen deutschen Worten "Wasserstoff" und "Sauerstoff"? Kürzen wir also doch in deutschsprachigen Texten Wasserstoff mit "W" und Sauerstoff mit "S" ab. Und schreiben statt

H2O
lieber das elegante und jedem verständliche
W2S

(Um Verwechslungen mit Wolframsulfid zu vermeiden, müssen selbstverständlich auch die Elementsymbole von Wolfram und Schwefel umgeschrieben werden. Wolframsulfid wäre dann "WoSch2".)

Mathematik:
Im schönen Fach der Mathematik wimmelt es geradezu von fremdzüngigen Wort(un)gebilden. Nehmen wir doch die Kreiszahl Pi. Warum muß sie nach einem griechischen Buchstaben benannt sein, mit der sie auch noch abgekürzt wird? Wollen wir wirklich ausgerechnet den notorischen Betrügern und Bankrotteuren aus Griechenland huldigen - die die Mathematik doch wahrscheinlich nur erfanden, weil sie zu faul waren, ihre Oliven einzeln abzuzählen? So wie es die Germanen mit ihren erlegten Auerochsen zu tun pflegten?
Dabei ist Abhilfe hier so einfach, benennen wir die Zahl "Pi" einfach mit dem schönen deutschen Wort "Pipi"! Und ersetzen wir die scheußlichen griechischen Symbole durch Lettern der guten, alten deutschen Frakturschrift!

Oder nehmen wir als weiteres Beispiel das häßliche Wort "Sinus"! Dabei liegt hier nichts näher als das deutsche Wort "Busen". Ersetzen wir also das "sin(x)" durch ein klares, verständliches "bus(x)". So lassen sich auch mathematische Gleichungen nicht nur auf gut Deutsch schreiben - sondern auch lesen! Zum Beispiel

(Sprich: "Der Busen von x ist e hoch i Pipi")

Wie kann ich helfen?
Sie sehen, durch das Schreiben von Formeln und Gleichungen auf gutem Deutsch werden Lesbarkeit und Verständlichkeit erhöht - und die Rolle des Deutschen als Sprache der Kultur und Wissenschaft gestärkt! Machen also auch Sie mit! Egal ob Klassen- oder Doktorarbeit, schreiben Sie Formeln und Gleichungen auf gut Deutsch! Um Verwirrung bei den Lesern Ihrer Arbeit zu vermeiden, empfiehlt der VDFS das deutlich sichtbare Anbringen des VDFS-Logos auf der Arbeit. Schon sagen Sie aller Welt unmißverständlich, daß Sie Ihre Gleichungen lieber auf Deutsch, der Sprache Ihrer Mutter, schreiben. Alle Verständnisschwierigkeiten sollten damit ausgeräumt sein. Und Sie können sich sicher sein, Ihren Beitrag zum Erhalt der Sprache Goethes und Schillers, Max Plancks und Karl Marx', Dieter Bohlens und Stefan Raabs geleistet zu haben!

Samstag, 28. September 2013

Ärzte mit Grenzen

Kontakte zwischen verschiedenen Kulturen bieten zahlreiche Gelegenheiten für Missverständnisse. Um  Beispiel zu finden ist es gar nicht mal nötig, irgendwelche obskuren japanischen Höflichkeitsrituale zu bemühen. Man findet sie auch mitten in Europa. Zwischen Deutschland und Frankreich etwa. Gewisse deutsche Konzepte von Sarkasmus sind in Frankreich völlig unbekannt und stoßen somit auf großes Unverständnis. Ich meine die deutsche Art, sich sehr positiv über etwas zu äußern und damit das genaue Gegenteil zu meinen. "Schon wieder ein Regentag, ich liebe ja diesen grauen Himmel und den endlosen Nieselregen" etwa, was ja eigentlich heißt: "Ich kann diesen Scheiß Regen nicht mehr sehen". Oder "Was für ein wunderbarer bürokratischer Aufwand! Ohne ihn wüsste ich gar nicht, was ich mit meinem Tag anfangen soll!". Bei einem französischen Gegenüber können solche Äußerungen einen Gesichtsausdruck auslösen, als habe man gerade den Verstand verloren. Weil sie ganz wörtlich verstanden werden.
Umgekehrt gibt es unter Franzosen eine weit verbreitete und naive, von allen Realitäten losgelöste Begeisterung für die Vorzüge des eigenen Landes. Und Deutsche können (glücklicherweise) gar nicht nachvollziehen und glauben, daß jemand solche hemmungslosen Lobhuddeleien auf sein Vaterland wirklich ernst, absolut todernst, meinen könnte.
Kommt beides zusammen, französisches Unverständnis des deutschen Sarkasmus' und deutsches Unverständnis für französisches Nationalgepoltere, dann gibt es genug Gelegenheiten für Mißverständnisse, um Kriege auszulösen...


Es war an einem dieser Spätsommertage in Paris, an denen die Stadt unter einem milchig-weissen, trostlos homogenen Himmel brütete, als ich vom Bahnhof Montparnasse Richtung Alésia lief. Die Straßen waren vollgepisst, teilweise auch von Hunden, aber das gehört in Paris ja dazu. Den Arzt, zu dem ich wollte, hatten mir Bekannte empfohlen. Bevor ich in seiner Behandlung gewesen bin, hätte ich wahrscheinlich Freunde geschrieben. Er praktizierte im ersten Stock eines Altbaus, in notdürftig umfunktionierten Wohnräumen. Beim Drücken des Klingelknopfes summte der Türöffner automatisch, und ich stieg auf einem dicken, flauschigen, irgendwann wohl einmal strahlend rot gewesenen Teppich auf der weiten Treppe hinauf und öffnete die riesige, hohe Holztür zur Praxis. Eine Praxishilfe gab es nicht. Man ging gleich zum Warten nach links in einen Raum, dem man deutlich ansah, daß er lieber ein Schlafzimmer gewesen wäre. Und dort wartete man auf Wartezimmerstühlen. Das heißt auf Stühlen, deren Entwürfe vermutlich von menschenhassenden Möbeldesignern in den Geheimarchiven der Inquisition aufgespürt worden waren. Ich musste zur Toilette. Und so weiträumig die Wohnung auch gewesen sein mag, die Toilette war in einem besseren Wandschrank direkt neben der Eingangstür eingebaut worden. Gebeugt in der Räumlichkeit, in der ich kaum Platz zum Umdrehen hatte, fummelte ich das mikroskopische Riegelchen an der Tür zu und versuchte, ohne allzu große Kollateralschäden ein eine Toilettenschüssel zu urinieren, die als Bidet für wachstumsgehemmte Gartenzwerge hätte dienen können. Aber winzige Sanitärinstallationen, das gehört in Paris ja dazu. "Wasserklosett" mag zwar vage französisch klingen, erfunden haben es aber dennoch die Briten. Und als Franzose ist man traditionell mißtrauisch gegenüber allem, was von den Britischen Inseln herüber kommt. Umgekehrt genauso. Das erklärt, weshalb die Briten heute noch in bizarren Einheiten rechnen (Längen in Meilen, Bier in Pints und Druck in Pfund pro Quadratfuß). Und weshalb in Paris wirklich jeder U-Bahnhof nach Pisse stinkt.
Zurück im Wartezimmer griff ich leichtfertig nach einer herumliegenden Zeitschrift - einer gut drei Monate alten Ausgabe von Paris Match, die aussah, als hätte sie seit ihrem Druck Obdachlosen durch die Nächte geholfen. Und die sich irgendwie so anfühlte wie die Rückwand meines Kühlschranks. Damals. Als ich auf der Suche nach einem letzten unverdorbenen Joghurt einmal zu weit nach hinten durchgegriffen hatte... Unangenehme Erinnerungen wurden wach, und ich ging noch einmal zur Toilette um mir die Hände zu waschen. Mehr als bis zum zweiten Fingerknöchel passten die aber nicht unter den winzigen Wasserhahn. Macht nichts. Ich kann ja gleich den Arzt nach Antibiotika fragen.
Einer nach dem anderen verschwand aus dem Wartezimmer in den Behandlungsraum, immer, wenn sich die Tür einen kleinen Spalt breit öffnete und der unsichtbare Arzt einen Namen rief. Da niemand mehr zurück kam, gab es wohl noch einen anderen Ausgang. Hoffte ich.
Endlich erklang aus dem Türspalt ein "Monsieur S-T-E... Sch-D-I..." Ja, das bin ich. Als ich in das zum Behandlungszimmer umgestaltete Wohnzimmer kam - an der Decke hing ein wahrhaft gewaltiger Kronleuchter - saß der Arzt schon wieder hinter seinem Schreibtisch und starre auf einen Computerbildschirm. Unaufgefordert ließ ich mich auf den Polsterstuhl vor ihm fallen und mich von ihm ignorieren, während er angestrengt versuchte, etwas auf seinem Computer zu schreiben. Tippen im Zwei-Finger-Suchsystem scheint Pflichtlehrstoff für Medizinstudenten in aller Welt zu sein. Endlich richtet er sich in einem noch dicker gepolsterten Sessel auf und seinen Blick gelangweilt auf mich:

"Sie sind Ausländer?"

"Ja."

"Da haben Sie Glück, daß Sie hier sind!"

"Äh... Ich bin hier, weil ich krank bin?"

"Jaja. Und da haben Sie Glück, daß Sie hier sind. Die französische Medizin ist die beste der Welt!"

...???...

"Das war sie schon immer. Die meisten medizinischen Entwicklungen kommen aus Frankreich."

Was zum Geier redet der da??

"Und das französische Gesundheitssystem ist so gut, daß es als Vorbild in der ganzen Welt gedient hat!"

Und da passierte es. Ich kam zum falschesten Schluß, zu dem ich nur hätte kommen können. Ich dachte mir: Hey - das meint der doch sarkastisch! Und der falsche Schluß führte zur falschesten Handlung, die ich nur begehen konnte: Um höflich zu sein, fing ich an zu lachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

An dieser Stelle war die Behandlung eigentlich auch schon zu Ende. Nehmen Sie zwei Aspirin und wenn's in einer Woche nicht besser ist - gehen Sie besser zu einem anderen Arzt! Der nächste bitte!

In der Tür wandte ich mich noch einmal um. Der Arzt starrte wieder in seinen Computer, und durch die Tür zum Wartezimmer schob sich bereits eine große, dicke, schwitzende Frau mit kleinen Blümchen auf der Bluse. Eine letzte, kleine Bemerkung warf ich vor dem endgültigen Abschied doch noch in den Raum:

"Aspirin ist aber eine deutsche Erfindung."

Montag, 23. September 2013

Kaffeesatz deluxe

"Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen."
Ursprung unklar


Es ist ja ein Segen, daß es inzwischen so viele private Hochschulen in Deutschland gibt. Sollen doch die durch bildungsromantischen 68er-Experimente versauten staatlichen Universitäten den (glücklicherweise immer weniger werdenden,) für komplizierte Gedanken völlig ungeeigneten Arbeiterkindern solch nutzlose Dinge wie Maschinenbau und Altorientalistik beibringen. Die Elite kann sich an privaten Hochschulen in den Disziplinen Business Administration, Governance und Arrogant Assholeship unterweisen lassen.
Besonders weit aus dem Fenster lehnte sich die Hertie School of Governance (Hertie School of Governance, das ist sowas wie die Activa School of Digestion, nur fürs Politische) mit einem am 11. August auch bei Focus Online erschienen Blogpost. Denn die Experten der Hertie School zogen aus, mit einem neuen statistischen Modell, dem "Benchmarking Modell", die Vorhersagen von Wahlausgängen zu revolutionieren! Dieses "Benchmarking Modell", ein "theoriebasiertes empirisches Modell für die Vorhersage von Wahlergebnissen" ("theoriebasierte Empirie"? Da hat doch wohl nicht etwa die Dialektik Einzug gehalten ins kapitalistische System?) ist eines, "das nicht allein auf Umfragen, sondern vor allem auf harten empirischen Fakten beruht". Super. Und was sagte das Supermodell voraus?
"Union und FDP erreichen bei der Wahl exakt 47,05 Prozent."
Naja, nicht ganz. Es waren dann doch eher so exakt um die 46,3 Prozent. Und mit der Abweichung liegt das "Benchmarking Modell" genauso im Streufeld wie alle anderen Prognosen auch. Und was kam noch heraus beim Benchmarking?
"Die Wahrscheinlichkeit dass Schwarz-Gelb die notwendige Mehrheit bekommt, um weiter zu regieren liegt bei 83,18 Prozent."
Nun werden wir leider niemals erfahren, ob diese Aussage richtig war. Denn das Praktische an Wahrscheinlichkeitsaussagen über einmalige, sich nicht wiederholende Ereignisse ist ja, daß sie sich grundsätzlich nicht überprüfen lassen. Heerscharen von Kaffeesatzlesern leben davon: Tritt das Ereignis ein, haben wir recht gehabt. Tritt es nicht ein, haben wir trotzdem recht gehabt, es haben nur die verbliebenen 16.82 Prozent zugeschlagen.

Etwas mehr kann man aber zu einer anderen Aussage der Wahlforschungsexperten sagen:
"Wahlprognosen gehört die Zukunft"
Genau. Aber nur solange, wie eben diese noch nicht zur Gegenwart geworden ist.

Dienstag, 3. September 2013

Crossover (2)

Ob wohl ehemalige Praktikanten bei den Vereinten Nationen Imbisse eröffnen? So ließe sich zumindest erklären, was hinter einem Restaurant mit Namen "Alhambra" steckt: Ein andalusisch-maurisch-katalanisch-pakistanisch-indischer Dönergrill!



Sonntag, 1. September 2013

Nichtrelativistische Längenkontraktion

Zum Selbstverständnis dieses Blogs gehört unbedingt das Eintreten für Friede und Freundschaft zwischen allen Völkern und Nationen (außer Frankreich). Daher ist DWüdW immer besonders froh, wenn sie Mißverständnisse und Fehlinterpretationen zwischen zwei Ländern ausräumen kann. Heute gelang der DWüdW-Forschungsgruppe "Forschung für Friede und Freundschaft zwischen den Fölkern (außer Frankreich)" (FFFFF∧¬ F) eine besonders bedeutende Entdeckung, die es endlich ermöglicht, eine bisher völlig rätselhafte und unerklärliche Unstimmigkeit im Deutsch-Französischem Verhältnis auszuräumen! Die bemerkenswerte Entdeckung wurde zufällig auf dem Waschzettel einer Kinderhose gemacht:


Was in Deutschland 98 cm sind, das sind in Frankreich 102 cm. Offenbar ist der französische Zentimeter kürzer als der deutsche Zentimeter.
Damit ist auch endlich erklärt, weshalb die Franzosen hartnäckig glauben, einen längeren Penis zu haben als die Deutschen!

Donnerstag, 29. August 2013

Crossover

Ja, gut, das mag jetzt unerwartet sein. Aber von unserem Ziffernsystem glauben wir ja auch, es sei arabisch, dabei ist es in Wahrheit eine indische Erfindung...



Montag, 26. August 2013

Lesen aus alten Büchern (1): Der Schnee auf dem wir alle talwärts fahren

Heute will ich endlich mal mit einer kleinen, ebenso losen wie sinnlosen Postserie beginnen, die ich bisher immer aufgeschoben habe. Immer wenn mir irgendwo alte Bücher, vor allem Sach- und Fachbücher, begegnen und sie mir irgendwie skurril erscheinen, kann ich nicht widerstehen und muß sie mit nach Hause nehmen. Inzwischen haben sich schon so einige angehäuft, und in der neuen DWüdW-Reihe "Lesen aus alten Büchern" will ich aus ein paar von ihnen zitieren.
Klingt jetzt ziemlich dröge, wird es aber hoffentlich nicht. Denn auch sehr alte Fachbücher können durchaus noch nützlich sein. Chemiebücher zum Beispiel. Zwar gibt es heute eine unglaublich viel weiter entwickelte Laboranalytik als vor einem Jahrhundert - aber wer hat die schon zu Hause verfügbar? Was also tun, wenn man mal schnell und diskret daheim herausfinden will, ob eine Substanz tatsächlich ist, für was man sie hält? Hier können auch mehr als hundert Jahre alte Bücher weiterhelfen - im Sinne von "Was die Großmutter noch wußte". Und in diesem Sinne lesen wir im ersten Teil der kleinen Serie aus dem Buch
"Kurze Anleitung zur Auffindung der Gifte und stark wirkender Arzneistoffe. Zum Gebrauche in chemischen Laboratorien."
Von Dr. Wilhelm Autenrieth. Zweite Auflage, Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg i. B. und Leipzig, 1897. Und wir lesen, sagen wir mal, im Kapitel



"Cocaïn. Cocaïn krystallisirt aus Alkohol in grossen, farblosen Prismen, hat einen bitterlichen Geschmack und ruft auf der Zunge eine vorübergehende Gefühllosigkeit hervor. Es ist in Wasser wenig (1 Th. Cocaïn in 700 Th. Wasser), in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol und Essigäther leicht löslich. Cocaïn reagirt stark alkalisch und wird von verdünnten Säuren zu meist krystallisirbaren Salzen leicht gelöst. Aus den Salzlösungen wird die Base durch Alkalien, Ammoniak und Alkalicarbonatlösungen gefällt. - Conc. Schwefelsäure und Salpetersäure lösen Cocaïn ohne Färbung auf. Die wässrigen Lösungen der Cocaïnsalze geben mit den meisten allgemeinen Alkaloïdreagentien Niederschläge. Quecksilberchlorid fällt einen weissen, beim Umschütteln sich zusammenballenden Niederschlag, der in heissem Wasser löslich ist. - Jodlösung bewirkt einen braunen amorphen Niederschlag. - Pikrinsäure fällt gelbes, flockiges Pikrat.
Reactionen auf Cocaïn:
a) Die wässrige, nicht zu verdünnte Lösung eines Cocaïnsalzes giebt mit 1 bis 2 Tropfen Kalilauge eine weisse, milchige Trübung, aus welcher sich zunächst harzige Oeltropfen, später feine, weisse Nadeln von Cocaïn abscheiden. Schmelzpunkt des Cocaïns 98o. - Von dem Aetherrückstande löst man möglichst viel in etwa 2 Tröpfchen verd. Salzsäure auf und übersättigt diese Lösung mit Kalilauge. Diese Reaction ist natürlich für Cocaïn nicht charakteristisch (ausgenommen der Schmelzpunkt, wozu aber ziemlich viel reine Substanz erforderlich ist), da fast alle anderen Alkaloïde unter diesen Umständen gefällt werden.
b) Versetzt man eine conc. wässrige Lösung eines Cocaïnsalzes tropfenweise mit Kaliumpermanganatlösung (1:100), so entsteht ein violett gefärbter, krystallinischer Niederschlag von Cocaïnpermanganat. Zu dieser Reaction löst man nicht zu wenig des Aetherrückstandes in 2 Tröpfchen verd. Salzsäure auf und setzt dann tropfenweise die Permanganatlösung hinzu. - Empfindliche Reaktion auf Cocaïn.
c) Setzt man zu einer Cocaïnsalzlösung einige Tropfen einer 5%igen Chromsäurelösung, so bildet sich bei jedem Tropfen ein Niederschlag, der sich sofort wieder löst. Fügt man dann zu der klaren Lösung etwa 1ccm conc. Salzsäure, so entsteht ein orangegelber, mehr oder weniger krystallinischer Niederschlag von Cocaïnchromat.
d) Nachweis der Benzoylgruppe im Cocaïn. Für diesen Nachweis sind mindestens 0,2 gr Cocaïn erforderlich. - Man digerirt das Cocaïn einige Minuten mit etwa 2 ccm conc. Schwefelsäure auf dem kochenden Wasserbade; fügt man dann nach dem Erkalten unter Abkühlen Wasser hinzu, so erfolgt eine weisse, krystallinische Abscheidung von Benzoësäure, welche nach dem Trocknen durch Sublimation oder bei genügender Menge durch Bestimmung des Schmelzpunktes (120o) weiter nachgewiesen wird. - Man kann auch die Benzoësäure mit Aether ausschütteln; erhitzt man dann den Aetherrückstand mit etwa 1 ccm absoluten Alkohol und der gleichen Menge conc. Schwefelsäure, so tritt der charakteristische Geruch des Benzoësäureäthylesters auf.
e) Zum sicheren Nachweis des Cocaïns hat man auch den physiologischen Versuch auszuführen, welcher darauf beruht, dass die Base eine verübergehende eigenthümliche Gefühllosigkeit hervorruft. Man löst die fragliche Substanz - Aetherrückstand aus der alkalischen Lösung - in einigen Tröpfchen verd. Salzsäure auf, verdampft die Lösung auf dem Wasserbade zur Trockne und bringt den in wenig Wasser aufgenommenen Rückstand auf die Zunge."
Wenn also in diesen schlechten Zeiten die ganze Investmentabteilung der Bank für eine Sammelbestellung zusammenlegen muß um den Kokspreis zu drücken, aber nicht weiß, wie sie die Qualität der Ware checken soll - mit diesen alten Hausfrauentricks sollte es kein Problem mehr sein!

Donnerstag, 22. August 2013

Schattenvogel

Da scheint die Morgensonne durch die offene Balkontür auf den Couchtisch, auf dem eine Plastikschachtel mit Kuchenresten vom Vorabend steht. Und der nach oben abstehende Fetzen des Verschlusses wirft den Schatten:


(Ungestellt. Könnte man wahrscheinlich auch kaum stellen.)

Sonntag, 18. August 2013

Der künstlich bestirnte Himmel über mir

"Mit bloßem Auge ist die ISS derzeit von der Erde aus erkennbar", schreibt Süddeutsche.de heute in einem kleinen Artikel und verlinkt eine Reihe von Seiten, die einem bei der Beobachtung der Internationalen Raumstation helfen. Keine Ahnung, was "derzeit" heißt soll, denn man kann die ISS quasi jederzeit mit bloßem Auge erkennen. Und für jeden, der gerne mal Raumstationen oder Satelliten mit bloßem Auge beobachten will, gibt es eigentlich eine viel bessere Seite als die von der Süddeutschen verlinkten. Also gibt DWüdW ihren ersten Linktipp überhaupt und möchte den Lesern dringend Heavens-Above ans Herz legen!

Am besten unter "Configuration" unter "from database" den eigenen Standort auswählen und ein bisschen herumgucken. Man findet Möglichkeiten, die ISS zu sehen, man kann nach der Sichtbarkeit eines jeden beliebigen Satelliten suchen oder sich einfach mal die "Daily predictions for brighter Satellites" ansehen und staunen, wie viele Satelliten man in einer Nacht mit bloßem Auge über den Himmel ziehen sehen kann. Unbedingt empfehlenswert ist es auch, sich einen hellen Iridium-Flare herauszusuchen und nachts Ausschau danach zu halten, es lohnt sich!

Viel Spaß...!

Freitag, 16. August 2013

So isses!

16. August 2013, Zeit Online :


"Die Mehrheit (62 Prozent) weiß, welcher Partei sie diesmal ihre Stimme geben wird. Knapp ein Drittel (29 Prozent) hat sich noch für keine Partei entschieden."


16. August 2013, Süddeutsche.de :


"Gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl haben sich einer Umfrage zufolge rund drei Viertel der Wähler noch nicht endgültig festgelegt."


Na, wenn's da mal nicht spannend bleibt!

Donnerstag, 15. August 2013

Gedanken, die des Nachts so kommen...

Aus gesundheitlichen Gründen herrschte hier wochenlang Stille. Ich hoffe aber, daß es bald wieder weiter geht.
Zeiten der Krankheit vergehen aber nicht unnütz. Zurückgeworfen auf sich selbst, konfrontiert mit der Zerbrechlichkeit des eigenen Körpers und mit Hilflosigkeit, in die man fallen kann, machen Zeiten der Krankheit auch nachdenklich. Und wenn man schon keine Antworten zu finden vermag, so ist es doch eine Zeit, in der man sich Fragen zu stellen beginnt. Persönliche Fragen, Fragen über die Welt und der eigenen Rolle in ihr. Und vielleicht betreffen diese Fragen ja nicht nur mich selbst, sondern auch anderen Menschen? Auch wenn wohl kaum Antworten zu finden sein werden, ich möchte diese Fragen hier dennoch einmal ansprechen:

Die von meinem Arzt verwendeten Zungenspatel sind laut Kartonaufdruck von "höchster Qualität". Was passiert wohl mit Zungenspateln von minderer Qualität? Brechen die beim Zunge herunterdrücken ab, oder zieht man sich damit Holzsplitter in die Zunge?

Was ist wohl demütigender? Wenn man bei der Anamnese gefragt wird, ob man Sport treibt, und die anwesende eigene Partnerin lacht laut auf? Oder denn die Ärztin daraufhin versichert, sie frage ja nur aus reiner Routine?

Lernt medizinisches Personal nicht, aus Höflichkeit dem Patienten gegenüber zu warten, bis dieser das Bewusstsein verloren hat, bevor die ältere Krankenschwester die Jüngere nach dem Setzen des Blasenkatheters tröstet mit den Worten "Macht doch nichts, beim nächsten Versuch flutscht's bestimmt schon besser!"?

Hilft es wirklich, Terroranschläge zu verhindern, wenn jetzt alle befreundeten Geheimdienste wissen, nach welchen ekligen Krankheitssymptomen ich in den letzten Wochen so alles gegoogelt habe?

Dienstag, 23. Juli 2013

Gott sei Dank - wir sind die Guten!

In Deutschland kann bis zu drei Jahre ins Gefängnis wandern, wer "den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören" (§ 166 Stgb). Manch einem in der Union, darunter Volker Kauder, ist dieses Gesetz allerdings zu lasch. So setzten sich Unionspolitiker schon im Jahre 2000 dafür ein, die Einschränkung mit diesem "öffentlichen Frieden" ersatzlos zu streichen (→ der damalige Gesetzentwurf):
"Strafbar soll daher künftig sein, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer beschimpft."
Dieser Gesetzentwurf scheiterte damals zwar an der rot-grünen Mehrheit, letztes Jahr zogen ihn aber wieder einige Unionspolitiker um den stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Johannes Singhammer, hervor.

Heute dann kamen ganz andere Töne aus der Unionsfraktion - die Forderung nach der Abschaffung des Blasphemiegesetzes! Allerdings nicht in Deutschland. Sondern in Pakistan. Volker Kauder sagte:
"Die dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechenden Blasphemiegesetze müssen schnellstmöglich aus den Gesetzbüchern des Landes [Pakistan] gestrichen werden."
In Deutschland verschärfen, in Pakistan abschaffen - so geht kohärente Politik! Aber immerhin, in Pakistan kann man für das Beschimpfen religiöser Bekenntnisse nicht nur zu drei Jahren Haft verurteilt werden, sondern auch zum Tode. Mit der geforderten Abschaffung wird es aber sobald doch nichts werden. Der pakistanische Minister für nationale Harmonie meinte nämlich:
"In unserer Gesellschaft wäre der Kampf für die Abschaffung des Gesetztes überhaupt nicht möglich. Der Widerstand wäre viel zu groß."
Und das sollten die Herrschaften der Unionsfraktion im Bundestag nur zu gut nachvollziehen können. Schließlich sind sie selbst im entschlossenen Widerstand gegen die Abschaffung des dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechenden deutschen Blasphemiegesetzes!

Samstag, 20. Juli 2013

Der falsche Feind meines Feindes

Alexej Navalny auf einer
Kundgebung der
rechtsextremen
"Nationalbolschewistischen
Partei Russlands".
(Quelle: drug-goy)
In den letzten Tagen hört und liest man viel über den russischen Blogger, Antikorruptionskämpfer und "Kremlkritiker" Alexej Navalny. Als "unliebsamer Regierungskritiker" (SpOn)  solle er durch eine Verurteilung wegen Veruntreuung "mundtot gemacht werden". Manche Medienberichte steigern sich geradezu ins Hymnische, wie z.B.:
"'Navalny, Navalny!': Unter ohrenbetäubendem Jubel Hunderter Anhänger steigt der Kremlgegner Alexej Navalny nach seiner vorläufigen Freilassung in Moskau mit geballter Faust aus dem Zug. Lauter Beifall brandet auf, Wartende strecken dem 37-Jährigen Navalny und seiner Frau auf dem Jaroslawski-Bahnhof Blumen entgegen. Die Rückkehr am Samstag aus dem Gerichtsort Kirow gerät für den bekannten Blogger zum Triumphzug." 
Doch was in all den Berichten schmerzlich zu kurz kommt, ist eine Einordnung der politischen Gedankenwelt des attraktiven, kämpferischen jungen Mannes. Jedenfalls eine Einordnung, die über ein dumpfes irgendwie gegen Putin sein hinausgeht. Doch seine Gedankenwelt hat es durchaus in sich...
DWüdW aber hat ihre Freunde überall. So bietet die DWüdW-Russlandredaktion* eine kleine Übersicht:

Man könnte da etwa mit diesem bizarren, von Herrn Navalny auf YouTube eingestellten Video beginnen, das zu einer Kampagne für die Liberalisierung des Waffenrechts in Russland gehört. Die Botschaft: Wenn Ungeziefer ins Haus kommt, hat man eine Fliegenklatsche. Wenn die Karikatur eines kaukasischen Terroristen ins Haus kommt, sollte man eine Pistole zur Hand haben:


Ein anderes interessantes Video des Herrn Navalny ist z.B. dieses. Es zeigt den Teilnehmer einer Demonstration beim Erklären der Unzufriedenheit des russischen Volkes mit der Politik.


Den Kontext dieser Äußerungen erkennt der Betrachter, wenn er einen Blick auf das Fahnenmeer im Hintergrund wirft. Offenbar handelt es sich um eine frühere Kundgebung der inzwischen verbotenen (aber immer noch aktiven) rechtsextremen Nationalbolschewistischen Partei Russlands. Und damit sind wir endgültig im geistigen Umfeld Alexej Navalnys angekommen.
Nehmen wir noch ein Interview, das er dem russischen Onlinemagazin Lenta.ru gab. Das Interview ist schon etwas älter, vom November 2011. Da es aber immer noch auf Herrn Navalnys Blog verlinkt ist, scheint er weiterhin dazu zu stehen. Anlass des Interviews war die Tätigkeit Navalnys im Organisationskomitee des "Russischen Marschs". Der "Russische Marsch" ist eine jährliche Protestveranstaltung russischer Ultranationalisten. Das Interview ist ziemlich umfangreich, wir picken daher nur ein paar Stellen mit deutscher Übersetzung heraus:
Лента.ру: Алексей, зачем ты идешь на "Русский марш"?
Алексей Навальный: Я иду на "Русский марш" уже четвертый раз, и каждый год мне задают этот достаточно странный вопрос. Каждый год я подробно объясняю, что у меня достаточно простая позиция: есть некие политические факты, или просто факты: вот есть солнце, вот есть небо, Волга впадает в Каспийское море, хипстеры любят носить очки в пластмассовой оправе, а в России существует "Русский марш".
Lenta.ru: Alexej, warum gehst Du zum „Russischen Marsch“?

Alexej Navalny: "Ich gehe zum „Russischen Marsch“ bereits zum vierten Mal, und jedes Jahr stellt man mir diese ziemlich merkwürdige Frage. Jedes Jahr erkläre ich ausführlich, dass ich eine ziemlich einfache Position vertrete. Es gibt gewisse politische Fakten oder einfach so Fakten: Es gibt die Sonne, es gibt den Himmel, die Wolga fließt ins Kaspische Meer, und in Russland gibt es den „Russischen Marsch“. "
Лента.ру: В чем смысл шествия русских? Зачем оно вообще нужно?
Алексей Навальный: "Русский марш" появился в результате эволюции националистического движения в России. Я считаю динамику этой эволюции совершенно положительной и позитивной...
Lenta.ru: Wo liegt der Sinn des Demonstrationszuges der Russen? Wozu braucht man ihn überhaupt? 

Alexej Navalny: "Der „Russische Marsch“ ist als Ergebnis der Evolution der nationalistischen Bewegung entstanden. Ich finde die Dynamik dieser Evolution absolut positiv..."
Лента.ру: Считаешь, что нужно вводить визовый режим со странами Средней Азии?
Алексей Навальный: Да. И я не вижу в этом предложении ничего радикального. Американцы голосовали за стену с Мексикой. Обама голосовал за строительство стены с Мексикой. А мы боимся визовый въезд вводить.
Lenta.ru: Bist Du der Meinung, dass man Einreise mit Visa mit den Ländern des Zentralasiens [d.h. den früheren zentralasiatischen Sowjetrepubliken] einführen sollte?

Alexej Navalny: "Ja. Ich sehe in diesem Vorschlag nichts Radikales. Die Amerikaner haben für die Mauer zu Mexiko gestimmt. Obama hat für den Bau der Mauer mit Mexiko gestimmt. Und wir haben Angst, eine Visumpflicht einzuführen."
Лента.ру: Ты периодически приводишь в пример Ле Пена.
Алексей Навальный: Ле Пена я привожу в пример в качестве того, что существует вполне себе респектабельный и легальный политик в Европе, риторика которого, опять же, гораздо жестче, чем риторика ДПНИ по некоторым вопросам. И ничего во Франции не случилось от этого ужасного.
Lenta.ru:  Du bringst von Zeit zu Zeit [den französischen Rechtspopulisten Jean-Marie] Le Pen als Beispiel.

Alexej Navalny: "Ich bringe Le Pen als Beispiel dessen, dass es einen respektablen und legalen Politiker in Europa gibt, dessen Rhetorik, wieder mal, viel härter ist als die Rhetorik der DPNI [→ die rechtsextreme und ca. ein halbes Jahr vor dem Interview verbotene russische "Bewegung gegen illegale Einwanderung"] in einigen Fragen. Nichts Schlimmes ist in Frankreich deswegen passiert."
Лента.ру: Ты считаешь его респектабельным?
Алексей Навальный: Извини меня, он легально существующий, он прошел во второй тур. Да, он респектабельный политик, конечно. За него голосует огромное количество людей, естественно. Он там реально существующий политик. Чего ж мне его не считать респектабельным?
Lenta.ru: Du hältst ihn für respektabel?

Alexej Navalny: "Entschuldige, er ist ein legaler Politiker, er hat es in die 2. Runde [der französischen Präsidentschaftswahlen] geschafft. Ja, er ist ein respektabler Politiker, natürlich. Für ihn stimmen Unmengen von Menschen, natürlich. Er ist dort [in Frankreich] ein real exisitierender [?] Politiker. Warum sollte ich ihn nicht für respektabel halten?"

Wer sich also versucht sieht, Herrn Navalny zum strahlenden Helden einer Opposition gegen ein undemokratisches System zu erheben, der möge sich doch an die Weisheit eines Funny van Dannen erinnern: "Auch lesbische schwarze Behinderte können ätzend sein". Und jemand, der den durchaus kritikwürdigen Kreml kritisiert, kann trotzdem ein rechtspopulistischer Nationalist sein, mit dem man wahrlich nicht auf ein Bier gehen möchte...

* Dieser Post entstand, nachdem eine russische Freundin sich
betrübt darüber gezeigt hatte, westliche Medien schrieben den
Falschen zum Helden der russischen Opposition hoch.
Mit besonderem Dank an P. aus B.!

Dienstag, 16. Juli 2013

Bin dann mal auf dem Weg nach Hongkong...

Was muß man da hören? Die NSA speichert Absender, Empfänger und Betreffzeile aller deutschen Emails?! Da fragt man sich doch plötzlich, wie es gelingen konnte, durch Absender, Empfänger und Betreffzeile von Emails fünf Terroranschläge bzw. Planungen von Terroranschlägen bzw. Überlegungen zur Planung von Terroranschlägen in Deutschland zu durchkreuzen! Das hat sich zumindest DWüdW gefragt und einen absoluten Scoop gelandet!
In einer arbeitssamen Nacht gelang es der DWüdW Security Agency, Abteilung "Freundaufklärung", sich in das Computersystem der NSA zu hacken! (Login: "edsnowden", dann auf "Passwort vergessen" klicken, die Antwort auf die Sicherheitsfrage zur Passwortwiederherstellung lautet "Caracas"). Und so verschaffte sich DWüdW Zugriff auf die gespeicherten Absender, Adressaten und Betreffzeilen jener Emails, die Ermittler auf die Spur von geplanten Terroranschlägen in Deutschland brachten!
Weltexklusiv und nur bei DWüdW - hier sind sie!
(Autor nach Niederschrift untergetaucht!)









Nachtrag (15:57):
Wow, die Jungs sind echt schnell! Kaum geschrieben, verrät die eigene kleine Spionagesoftware Google Analytics:

(USAISC - United States Army Information Systems Command)
;)

Montag, 15. Juli 2013

Metaphysik für Piloten

"In der Metaphysik, wenn man sie auch nur für eine bisher bloß versuchte, dennoch aber durch die Natur der menschlichen Vernunft unentbehrliche Wissenschaft ansieht, sollen synthetische Erkenntnisse a priori enthalten sein, und es ist ihr gar nicht darum zu thun, Begriffe, die wir uns a priori von Dingen machen, bloß zu zergliedern und dadurch analytisch zu erläutern, sondern wir wollen unsere Erkenntniß a priori erweitern, wozu wir uns solcher Grundsätze bedienen müssen, die über den gegebenen Begriff etwas hinzuthun, was in ihm nicht enthalten war, und durch synthetische Urtheile a priori wohl gar so weit hinausgehen, daß uns die Erfahrung selbst nicht so weit folgen kann, z. B. in dem Satze: die Welt muß einen ersten Anfang haben u. a. m.; und so besteht Metaphysik wenigstens ihrem Zwecke nach aus lauter synthetischen Sätzen a priori."
Immanuel Kant, KrV (B), Einleitung, V, 3

Alles klar? Nee? Dann formulieren wir es doch mal ein bisschen anders:

"Man sollte ein Flugzeug da landen, wo möglichst wenige Gebäude und viel freier Platz ist."
John Cox, "Flugexperte",
in der National Geographic-Dokumentation

(Mit Dank an M. aus T.!)

Samstag, 13. Juli 2013

Ne' Bombennummer

Immer wieder taucht diese Zahl unkommentiert auf, heute unter einem Interview mit Innenminister Friedrich im ZDF:
Durch die Überwachungsarbeit der NSA seien 45 Terroranschläge weltweit verhindert worden.
Das Überwachungsprogramm PRISM gibt es mindestens seit dem Jahr 2005. Und 45 vereitelte Anschläge in 8 Jahren, das ist doch eine schöne Bilanz, oder?
Wieviele terroristische Anschläge sind aber seit 2005 nicht verhindert worden? Das sagt einem jemand, der es wissen muß - Das amerikanische Nationale Terrorabwehrzentrum. In seinen Jahresberichten (erhältlich bis 2011) veröffentlicht es eine umfangreiche Statistik von Terrorakten weltweit. Die Zahlen für den Zeitraum 2005 bis 2011:

2011:
10 283 Terrorakte mit 12 533 Toten

2010:
11 604 Terrorakte mit 13 186 Toten

2009:
10 999 Terrorakte mit 14 971 Toten

2008:
11 770 Terrorakte mit 15 765 Toten

2007:
14 499 Terrorakte mit 22 685 Toten

2006:
11 153 Terrorakte mit 14 618 Toten

2005:
11 111 Terrorakte mit 14 602 Toten

Noch einmal die Summe zum auf der Netzhaut zergehen lassen:
Weltweit 81 419 ausgeführten Terrorakten (im Zeitraum 2005 bis 2011) stehen 45 vereitelte Terrorakte gegenüber.

Können wir jetzt bitte alle aufhören, uns dumm zu stellen und so zu tun, als ob es bei der globalen Überwachung um Terrorismus ginge?

Donnerstag, 11. Juli 2013

Blaue Flecken zählen...

Heute macht die Meldung die Runde, daß Astronomen erstmalig die Farbe eines Planeten außerhalb unseres eigenen Sonnensystems bestimmt haben. Und er ist blau! So wie die Erde, die ist ja auch blau! Oder wie es Focus Online über den Planeten, den Astronomen "im Universum entdeckt haben", formuliert:


Oder auch Zeit Online:


Und genau dann auch im Kölner Stadtanzeiger:


Und auch auf die Gefahr hin, jetzt ein klitzekleines bisschen pedantisch zu wirken: Er ist nicht der zweite blaue Planet!
Denn außer besagtem Planeten und der Erde ist auch der Planet Neptun in Echtfarben ganz eindeutig blau. Und auch Uranus geht farblich so Richtung blau-grün. Von den neun Planeten, deren Farbe man bisher kennt, sind also immerhin vier blau!
Offenbar ist das Blausein auch für Planeten ein keineswegs ungewöhnlicher Zustand...

Mittwoch, 10. Juli 2013

Die Wahrheit in Streifen

Jaaa, bestimmt hat sich schon so manch ein Leser ungeduldig gefragt, wann es hier denn endlich mal wieder weiter geht. Aber ich dachte mir, ich gönne mir mal ein paar ruhige Tage. Wenn's schon nicht für Urlaub langt, dann wenigstens ein bisschen Sofa liegen und Filme gucken... Angefangen hatte ich ja mit Das Bourne Ultimatum aus dem Jahr 2007, aber den Unsinn habe ich gleich wieder ausgeschaltet. Ich meine - ein amerikanischer Geheimdienst über wacht alle Mobiltelefonate in Europa und filtert automatisch nach Codeworten, um dann einen Profikiller auf Verdächtige anzusetzen! Unrealistischer geht's wohl kaum! Die schicken doch keinen Profikiller! Die schicken eine Drohne!
Also habe ich auf der Suche nach etwas Realitätsnähe zur Biene Maja gewechselt. Doch dabei bin ich auf den nächsten, unerhörten Skandal gestoßen!
Hier:
Und dann hier:

Fällt was auf? Dann noch ein Beispiel. Hier:

Und hier:

Eben! In einer Szene hat Maja einmal einen gelben Streifen am Hals und einen schwarzen an den Schultern, und dann wieder einen schwarzen Streifen am Hals und einen gelben an den Schultern! Und beim Willi ist es das Gleiche! Seit den Siebzigerjahren werden Kinder betrogen und für dumm verkauft, und niemand hat diesen Skandal jemals thematisiert! Niemand, bis heute...

Was heißt hier Es gibt wohl Schlimmeres? Im Am Ende wird der Majastreifenskandal und der Überwachungsskandal die gleichen Folgen haben - keine.
Und die Drohne, die ist auch im Majastreifenskandal schon angesetzt...: